Mit einem eigens entwickelten Fermentationsverfahren auf Basis von Pilzen verwandelt das Team von PureSpore (Saskia Bilstein, Justin Debrassine, Florian Rempel) nährstoffreiche, bislang ungenutzte Nebenströme aus Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie in funktionelle, allergenarme Inhaltsstoffe. Dieser Ansatz reduziert nicht nur Lebensmittelabfälle, CO₂-Emissionen und Wasserverbrauch, sondern eröffnet Unternehmen auch neue wirtschaftliche Potenziale. Als Teil des TransformERN-Projekts ist PureSpore auf der Suche nach Partnern aus der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen, um nachhaltige Proteinlösungen aus der Forschung in die Praxis zu bringen. Im Interview erklärt Justin Debrassine, worum es bei PureSpore geht, welchen Nutzen Unternehmen haben – und wie er die Zukunft einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion sieht.
Können Sie Ihr Forschungsprojekt in maximal 30 Sekunden so erklären, dass es auch Jemand ohne Fachstudium versteht?
PureSpore entwickelt ein innovatives Verfahren, das durch Fermentation mit Pilzen nährstoffreiche, ungenutzte Nebenströme (z.B. Haferspelzen) der Agrar- und Lebensmittelindustrie in Protein umwandelt. So entstehen vegane, funktionelle, cholesterinfreie und allergenarme Proteine, die sich vielseitig in Lebensmitteln verarbeitet lassen. Diese geschmacksneutralen Proteinprodukte sind ressourcenschonend, regional und wirtschaftlich skalierbar.
Welches konkrete Problem löst Ihre Forschung für Betriebe in der Land- und Ernährungswirtschaft? Können Sie ein Beispiel nennen?
Durch Fermentation macht PureSpore nährstoffreiche Nebenströme, aus der Agrar- und Lebensmittelindustrie, die für die direkten menschlichen Verzehr ungeeignet sind, wieder für die menschliche Ernährung nutzbar und spart dabei Ackerfläche, Wasser und Emissionen. Das bietet Betrieben eine nachhaltige Verwertungsmöglichkeit für Nebenströme und schafft neue, regionale Proteinquellen.
Können Sie uns von einem Moment erzählen, in dem Sie gemerkt haben: 'Das funktioniert wirklich in der Praxis!'?
Bei ersten Pilotversuchen konnten wir in weniger als 3 Tagen stabile Proteinbiomassen mit vollständigem Aminosäureprofil erzeugen, ohne Sporenbildung und mit geschmacklich neutralem Ergebnis. Das hat gezeigt: Unsere Idee funktioniert technologisch wie sensorisch.
Viele kleinere Betriebe denken, Forschungskooperationen seien nur etwas für Großunternehmen. Wie kann auch ein Kleinst- bzw. Kleinunternehmen an Ihrer Arbeit profitieren?
Auch Kleinst- und Kleinunternehmen können unmittelbar profitieren: Wir bieten einfache Formen der Zusammenarbeit, etwa durch Nutzung von Produktionsnebenströmen als Substrat für unsere Fermentation oder durch die gemeinsame Entwicklung neuer Produkte auf Basis unseres Mykoproteins. So entstehen aus Reststoffen hochwertige, funktionelle Inhaltsstoffe.
Ihre Forschung trägt zur nachhaltigen Transformation bei. Welche handfesten wirtschaftlichen Vorteile – nicht nur Umweltvorteile – entstehen für die Unternehmen? Wenn möglich bitte den Impact mit konkreten Zahlen benennen.
PureSpore spart das Vierfache an CO2 und Wasser im Vergleich zum konventionellen Anbau von Soja ein. Gleichzeitig reduzieren Betriebe durch die Nutzung ihrer Nebenströme als Substrat ihre Entsorgungskosten um bis zu 50 % und erschließen neue Umsatzpotenziale. Erste Industriepartner zeigen bereits Interesse an B2B-Zuliefermodellen sowie an Co-Branding-Konzepten, die zusätzliche Marktchancen eröffnen.
Wie sieht der ideale Partner aus der Wirtschaft aus für Sie in diesem Moment? Was suchen Sie konkret? (z.B. Marktinsights, Pilotierung)
Aktuell suchen wir Partner für die Pilotierung unserer Technologie im industriellen Maßstab: Ideale Partner sind Lebensmittelhersteller mit Nebenströmen, die diese wertschöpfend einsetzen möchten oder Unternehmen, die Interesse an einem nachhaltigen Proteinpulver haben, etwa für vegane Produkte oder Funktional Food. Wir freuen uns über Partner, die gemeinsam mit uns innovative Anwendungen entwickeln und erste Marktanwendungen erproben möchten.
Welche Kooperationsformen könnten Sie sich vorstellen – von der einfachen Bachelorarbeit bis zum mehrjährigen Forschungsprojekt?
Wir bieten verschiedene Kooperationsformen: von Co-Manufacturing über gemeinsame Produktentwicklungen bis hin zu langfristigen Forschungspartnerschaften, etwa im Scale-up oder in der Entwicklung eines geeigneten Substrats aus Ihren Nebenströmen. Auch Förderprojekte oder Machbarkeitsstudien sind denkbar.
Wie sollte ein Unternehmen konkret vorgehen, wenn es mit Ihnen zusammenarbeiten möchte? Was ist der erste Schritt?
Ein Erstgespräch genügt: Einfach per E-Mail oder Telefon Kontakt aufnehmen. Wir klären unverbindlich mögliche Schnittstellen, Zielvorstellungen und Unterstützungsbedarfe und prüfen gemeinsam, wie eine Kooperation konkret aussehen kann.
Was haben Sie durch die Zusammenarbeit mit Unternehmen gelernt, was Sie vorher nicht wussten? Wie hat das Ihre Forschung verändert?
In der Zusammenarbeit mit Unternehmen wurde deutlich, wie wichtig einfache, robuste Prozesse und eine klare Kosten-Nutzen-Kommunikation sind. Das hat unsere Forschung stark anwendungsnäher und wirtschaftlich relevanter gemacht.
Warum ist es wichtig, dass Forschung und Betriebe in NRW eng zusammenarbeiten? Was macht die Region besonders?
NRW bietet mit seiner Mischung aus starker Agrarwirtschaft und Lebensmittelindustrie ideale Bedingungen für praxisnahe Forschung. Kurze Wege, Offenheit für Innovation und ein aktives Netzwerk machen Kooperationen besonders wirkungsvoll.
Wie sehen Sie die Land- und Ernährungswirtschaft in NRW in 10 Jahren, wenn mehr Betriebe den Mut zur Forschungskooperation fassen?
Wenn mehr Betriebe Forschungskooperationen eingehen, wird NRW zur Modellregion für nachhaltige Lebensmittelproduktion. Mykoproteine aus Nebenströmen können fester Bestandteil regionaler Wertschöpfungsketten werden, mit positiven Effekten für Umwelt, Wirtschaft und Ernährung.
Am 24.09. stellt das Team das Projekt auf der Ideenfutter Expo in Neuss vor – Tickets sind hier verfügbar!
© Bild: Canva
Dieser Bericht wurde im Rahmen des Projekts TransformERN erstellt, denn bei TransformERN sind wir überzeugt davon, dass wir alle viel voneinander lernen können – gerade wenn es darum geht, so komplexe Ziele wir Klimaneutralität zu erreichen. Wir von TransformERN freuen uns, dich gemeinsam mit unseren Partnern Ernährung NRW und Food-Processing Initiative auf dem Weg aktiv dabei zu unterstützen.
TransformERN ist mit Mitteln der Europäischen Union und des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen finanziert.
Wir vernetzen Akteure der Agrar- und Lebensmittelbranche vom Feld zum Regal, um gemeinsam zukunftsgerichtete Lösungen für die Branchen zu entwickeln.
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