„Für jede Cashew-Nuss landet eine große Frucht im Müll“

Jedes Jahr landen Millionen Tonnen Cashew-Äpfel im Müll, weil es keinen Markt für sie gibt. Muss das sein? Für die neue Ausgabe unseres Ideenfutter Talks, sprechen wir mit Simon, Gründer von Akoua Juice, über Lebensmittelverschwendung, wertvollen Abfall und seine langfristige Vision. Unser Gespräch hier wahlweise im Video oder auch als Interview zum nachlesen:



Lee: Willkommen, Simon. Du hast ein spannendes neues Projekt gestartet, und zwar geht es da um Cashew-Äpfel? Was genau machst du da? 

Simon: Wir machen Cashew-Apfelsaft! Alle kennen Cashews als Nüsse, aber das die Nüsse selber an einem Obst dranhängen, das wissen die wenigsten. Und ist dann die Idee gekommen, aus diesem Obst Saft zu machen, denn aktuell wird die Frucht gar nicht verarbeitet. Und das, obwohl die Nachfrage nach Cashews Jahr für Jahrs steigt. Die Frucht, die daran hängt wird gar nicht benutzt. So viel Frucht wegzuschmeissen, ist wirklich nicht sehr nachhaltig. 

Lee: Klar, Cashewnüsse sind ja gerade ein Riesenthema: Nussmusse, Cashew-Milch… Hast du eine Idee, um wieviel die Produktion von Cashewnüssen gestiegen ist? 

Simon: Ich komme Benin in Westafrika und da sieht man, wie der Nachfrage wächst und wächst. Von der Elfenbeinküste wissen wir, dass sie jedes Jahr 800,000 Tonnen Nüsse exportieren (Anm. der Redaktion: Im Video ist irrtümlich von Benin die Rede). Die ganzen dazugehörigen Früchte, davon werden nur 1% bislang verarbeitet.

Lee: Was macht denn ein Cashew-Farmer aktuell mit den Äpfeln?

Simon: Da die Früchte keiner haben will, sind sie daran auch nicht interessiert. Sie können das ja auch nicht selber essen. Was man nicht alles daraus machen könnte! Stattdessen landet das Obst im Müll. 

Lee: Das heißt, es wird dann alles kompostiert? Oder gibt es auch Biogasanlagen in Benin und an der Elfenbeinküste?

Simon: Nein, im afrikanischen Raum kommt diese Technologie erst langsam an.  

Lee: Zugang zu Energiequellen könnten neben weiteren Produkten ja auch spannend sein. Dann könnte man auch in Technologietransfer denken und Biogasanlagen nach Benin bringen.


5 x mehr Vitamin C als Orangensaft

Simon: Ja, Energie ist wichtig, aber diese Cashew-Frucht ist wirklich wertvoll. Wir haben hier bei der Gesellschaft für Lebensmittelforschung die Nährwerte analysieren lassen. Da haben wir rausgefunden: der Gehalt an Vitamin C ist fünfmal höher als in Orangensaft: 168 mg Vitamin C auf 100 ml saft. Das hat uns überzeugt: wir müssen den Menschen zeigen, was für ein tolles Produkt das ist. Man findet überall diese Vitamin Shots, die haben teilweise nicht annährend so viel Vitamin C wie unser Saft. 

Und sicher ist es auch. Wir haben natürlich mikrobiologische Analysen etc gemacht bei einem Lebensmittelinstitut.  

Lee: Das klingt nach einem riesigen Aufwand. Klar, es ist immer ein Aufwand ein Start up zu gründen, aber in Benin Lieferketten aufbauen, grundsätzliche Gesundheitsanalysen etc. pp. Und überhaupt erstmal die Idee zu entwickeln. Wie lange arbeitest du jetzt schon daran?

Simon: Zwei Jahre. Es fing damit an, dass wir gesagt haben, aus diesen sehr guten Früchten muss man was machen.Als ich dann niemanden gefunden habe, der das macht, haben wir gesagt, dann starten wir as eben selber. 

Vor einem Jahr habe ich dann zufälligerweise eine kleine Kooperative gefunden, die in sehr kleinen Mengen selber einen Saft machen. Da haben wir uns zusammengeschlossen und machen das jetzt zusammen. Es war ja zu Anfang auch gar nicht sicher, ob das hier in Europa überhaupt zugelassen würde. Stichwort „Novel Food“. Das betrifft alle Produkte, die bislang in Europa noch nicht verzehrt wurde. Glücklicherweise konnte uns das Bundesamt für Landwirtschaft und Verbraucherschutz bestätigen, dass die Cashew-Frucht kein Novel food ist. 


"Hätte ich gewusst, wie kompliziert das alles ist, hätte ich nicht angefangen"

Lee: Hättest du dir das träumen lassen, dass das so komplex ist? Oder ist dein Background in Food?

Simon: Nein ich bin eigentlich Informatiker und habe hier in Deutschland mit Informatikstudium absolviert. Ich dachte ich produziere das und bringe das nach Deutschland. Ich hätte nie gedacht, dass ich in zwei Jahre brauche, bevor das Projekt hier Fuß fasst. Das Ganze war wirklich viel Zeit und viel Arbeit. 

Lee: Und jetzt ist es soweit: eure Startnext Kampagne, um die erste Charge rüberzuholen. Das ist doch super. Was war denn dein größtes Learning in diesen zwei Jahren?

Simon: Einfach Dranbleiben. Es gab Momente, wo ich komplett entmutigt war. Zum Beispiel braucht man eine EORI Nummer vom Zollamt, damit man importieren kann. Dieser Prozess hat auch so lange gedauert, bis ich überhaupt verstanden hatte, wie das Ganze da so abläuft. Die IHK Düsseldorf hat uns da sehr geholfen. 

Lee: Also ein Shout-out zur IHK Düsseldorf. Ich sag ja immer „It takes a village to grow a start-up“. Was sind denn jetzt die nächsten Schritte? Wie lange läuft denn eure Startnext Kampagne noch? 

Simon: Bis zum 28.02. Wir sind zuversichtlich. Alle, die das Produkt gesehen habe, sind alle begeistert. 

Lee: Wie schmeckt denn eigentlich dieser Cashew-Apfel? 

Simon: Ein bisschen nach Birne, ein bisschen ein bisschen Äpfel. Aber ich würde gerne jede Person ihre eigene Erfahrung machen lassen. Schmeckt es einem oder nicht? Wir haben viele andere Produkte am Start.


Mittelfristiges Ziel: eine Produktionsstätte in Benin

Lee: Wie und wo verarbeitet ihr denn? Importiert ihr Äpfel und presst hier Saft? Baut ihr da eine Anlage zum Saft pressen oder gibt es dort eine kleine Abfüllanlage und ihr bringt Flaschen nach Deutschland?

Simon: Vorab: das ist jetzt erstmal eine Testphase. Wir importieren den Saft und er wird hier von einem Lohnhersteller abgefüllt. Wir wollen sehen ob es schmeckt. Am Ende möchten wir eine Produktion vor Ort aufbauen und zum Beispiel ein Konzentrat herstellen, aus dem wir dann hier in Deutschland wieder Saft mischen können. Daher suchen wir auch Investoren, die Interesse an dem Projekt haben

Lee: Was für Produktideen habt ihr denn noch? Saftflaschen durch die Gegend schippern in denen viel Wasser ist, das ist ja auf Dauer nicht nachhaltig. Da also perspektivisch ein Konzentrat. Wenn die Frucht so viel Vitamin C hat, wäre es auch als Input für Nahrungsergänzungsmittel interessant? 

Simon: Wir haben zum Beispiel schon die Anfrage von einem Start-up hier aus Deutschland. Sie sind interessiert mit uns zusammenzuarbeiten, wenn wir ihnen trockene Früchte liefern können. Sie machen Tee. Kennengelernt haben wir das Start-up ja über euch. Die Möglichkeiten, die ihr mit dem Foodhub schafft sind wirklich top. Man trifft andere Start-ups, mit denen man was zusammen machen kann und voneinander lernen. Das ist super.

Lee: Das war ein tolles Schlusswort. Da kann ich nur sagen: auf zu StartNext und sichert euch euren Akoua Juice. Es ist eine kleine Flasche Saft und ein großer Schritt für die Wertschätzung des Cashew-Apfels. Wir drücken wir die Daumen, wir freuen uns darauf, dann bald probieren zu können und hoffen sehr, dass wir dich und Akoua dann am 14. September unter den Ausstellern der Ideenfutter Expo begrüßen können.

Simon: Auf jeden Fall! Vielen Dank für das Gespräch.


 

 

Geschrieben von

M. Lee Greene

Kommentare

  • SD

    Simon

    vor 2 Jahren

    Danke für das tolle Interview :-).
  • Profilbild von M. Lee Greene

    M. Lee

    vor 2 Jahren

    Es war uns ein Fest! Viel Erfolg für die Startnext Kampagne!
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