Landwirte sehen in Agri-PV Potenzial für nachhaltige Betriebsentwicklung

 Agri-Photovoltaik (Agri-PV) wird auch in NRW immer wichtiger. Im Agri-Food-Energy-Park Bürgewald laufen dazu intensive Forschungsarbeiten, und wie der aktuelle DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft)-Bericht zeigt, ist das Thema auch überregional ein zentraler Fokus wissenschaftlicher Studien. 


Die DLG hat in einem PraxisMonitor bei Landwirten nachgefragt, wie sie die Themen Freiflächen- und Agri-PV vor dem Hintergrund ihres eigenen Betriebes bewerten. Neben einem großen Interesse fällt vor allem auf, wie aufgeschlossen die Betriebe neuen Technologien und Entwicklungsmöglichkeiten gegenüber sind.


Durchsucht man die Weiten des Internets nach dem Thema Agri-PV, treten interessante Bezeichnungen zutage: „Solarzaun“, „Zweinutzungs-Feld“ oder insgesamt „Doppelnutzen“ sind nur drei davon. Im Kern geht es darum, Acker- und Grünlandflächen gleichzeitig landwirtschaftlich und zur Stromerzeugung zu nutzen. Bei klassischer Freiflächen-Photovoltaik (Freiflächen-PV) werden die Module möglichst auf Flächen mit Südausrichtung derart aufgeständert, dass in der Regel außer einer extensiven Tierhaltung kaum noch Nutzungsmöglichkeiten verbleiben. Im Unterschied dazu ist die Bauform beziehungsweise Aufständerung bei Agri-PV-Systemen derart verändert, dass eine maschinelle Bewirtschaftung der Flächen weiter möglich bleibt.


Die befragten Betriebe

Am DLG-PraxisMonitor „Agri-Photovoltaik - aktuelle Situation in der Landwirtschaft“ haben insgesamt 125 Personen teilgenommen, davon haben 83 Befragte die Umfrage bis zum Schluss abgeschlossen. Unter den Teilnehmern waren 78 Prozent Vollerwerbsbetriebe, mit einem deutlichen Schwerpunkt in der Größenklasse zwischen 101 und 200 ha LN (rund 1/3 der befragten Betriebe). Ein Großteil (über 77 Prozent) der Betriebe hat bereits in eine klassische Aufdach- beziehungsweise dachparallele PV-Anlage investiert, sodass in der Umfrage insgesamt knapp 35.000 kWp zusammenkommen – mit durchschnittlich rund 570 kWp Leistung pro installierter Anlage. Schwerpunkt mit etwas mehr als zwei Dritteln der Betriebe handelt es sich um monokristalline PV-Module.
 Interessant war vor allem die positive Grundhaltung der Befragten zur Klima- und Umweltthemen. So sind mit fast 95 Prozent fast alle Befragten der Meinung, dass jeder Einzelne von uns Verantwortung dafür trägt, künftigen Generationen eine lebenswerte Umwelt zu hinterlassen. Über 86 Prozent hoben eine besondere Verantwortung der Landwirtschaft für die Umwelt heraus und stimmten einer entsprechenden Aussage zu beziehungsweise voll und ganz zu. Während rund 80 Prozent eine gewisse Wetterveränderung in ihrer Region in den letzten fünf Jahren wahrnehmen können, fällt eine mögliche Besorgnis über die Auswirkungen des Klimawandels auf das eigene Unternehmen mit nur rund 23 Prozent vollumfänglicher Zustimmung schon deutlich schwächer aus. Eine hohe Polarisierung erzeugte die Frage nach den regulatorischen Folgen der genannten Verantwortung. Wie gespalten die Landwirte bei der Frage sind, ob der Umweltschutz in der Landwirtschaft übertrieben wird, sieht man an der Spreizung der Antworten. Immerhin 53 Prozent stimmen dieser Aussage zu beziehungsweise vollumfänglich zu, währen rund ein Drittel diese Aussage ablehnt beziehungsweise vollumfänglich ablehnt.


Landwirte: Hoch-innovativ und zuversichtlich
Trotz hoher Energiepreise blicken 2/3 der Landwirte zuversichtlich in die Zukunft und koppeln dieses auch mit einer gewissen Risikobereitschaft. Dabei bleibt die Branche ihrem Credo treu, dass nur eine schnelle Anpassung an sich in der Regel weniger zum Vorteil ändernde Rahmenbedingungen den unternehmerischen Erfolg sichert. Über 95 Prozent der Befragten interessieren sich nach eigener Aussage für neue Produktionsverfahren und Technologien und über 90 Prozent stimmen der Aussage zu beziehungsweise vollumfänglich zu, dass sie immer auf der Suche nach neuen Entwicklungsmöglichkeiten für ihre Betriebe sind. Auch das Interesse an Freiflächen- sowie Agri-PV-Anlagen ist hoch. So haben über die Hälfte der Befragten angegeben, dass sie in eine Freiflächen-PV-Anlage investieren würden. Hinzu kommt ein weiteres Drittel, das diese Entscheidung in Betracht zieht, falls auf den PV-Flächen eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung weiterhin möglich bleibt. Der Interessenstrend im direkten Vergleich der beiden Bauformen ist sogar etwas progressiver und fällt leicht zugunsten der Agri-PV-Bauform aus.

 

Vor- und Nachteile
Hinsichtlich pflanzenbaulicher Aspekte überwiegen bei den Befragten die Vorteile, denn sie sehen die Möglichkeit, die PV-Anlage zu Lasten des Stromertrags auf die Lichtversorgung der Pflanzen als Hauptproduktionsziel hin zu optimieren. Auch ein deutlich positiver Einfluss auf die Biodiversität sowie die Chance, die Winderosion reduzieren zu können, werden hervorgehoben. Im Gegenzug werden Nachteile in der Flächenbearbeitung mit Maschinen erwartet. Ein möglicher Beschattungseffekt oder Wetterschutz spielt bei den Befragten nur eine geringe Rolle, allerdings waren Winzer und Obstbauern als Zielgruppe dieser speziellen Anforderung auch kaum unter den Umfrageteilnehmern vertreten.
Auf der betriebswirtschaftlichen Seite überwiegt allerdings die Skepsis. Positiv wird bewertet, dass man den Betrieb mit einer Agri-PV-Anlage als weiterer Einkommensquelle diversifizieren kann. Dem stehen aber die hohen Investitionskosten beziehungsweise die höhere Priorität anderer Investitionen gegenüber. Hinzu kommen – und dass könnte sich für tatsächliche Investitionen zum Problem auswachsen – ein von den Umfrageteilnehmern befürchteter hoher bürokratischer Aufwand bei gleichzeitig unsicheren politischen Rahmenbedingungen.
Hinsichtlich der Energieerzeugung und -nutzung steht weiter eine wirtschaftlich interessante Einspeisung im Mittelpunkt des Interesses. Nur mit Abstrichen wird der eigene Beitrag zur Energiewende thematisiert. Während das Thema Energieautarkie des Betriebs nur auf ein geringes Interesse stößt, gilt es beim Thema „Eigenversorgung“ sehr differenzierte Betrachtungsmaßstäbe anzulegen: Während das Interesse an der Eigenversorgung insgesamt nicht allzu hoch ist, zeigt sich auch hier eine starke Aufspaltung in eine sehr positive beziehungsweise sehr negative Bewertung. Betriebe mit hohem Energieaufwand zum Beispiel in der Tierhaltung haben hier eine deutlich andere Sicht auf das Thema als solche, die ausschließlich Ackerbau betreiben. In der Ausrichtung wird eine Ost-West-Ausrichtung gegenüber einer Süd-Ausrichtung oder einem Tracker-System leicht bevorzugt. Die Bauformen „vertikal“ oder „horizontal“ sind den Betrieben egal – entscheidend ist auch hier die Befahrbarkeit und landwirtschaftliche Nutzung.
 Prinzipiell fühlen sich die befragten Landwirte insgesamt gut bezüglich Funktionsweise, Anwendungsmöglichkeiten und Bauformen von Agri-PV-Anlagen informiert. Lücken bestehen natürlich bei neuesten Entwicklungen der Branche und sind den Befragten auch bewusst. Weitere Defizite wurden außerdem im Bereich der rechtlichen Rahmenbedingungen und der im konkreten Anwendungsfall nötigen Schritte zum Erwerb einer Agri-PV-Anlage erkannt.
 Unter den als Freitext erfassten Einzelmeinungen werden vor allem baurechtliche sowie Netzanschlussfragen kritisiert. So werden mögliche Investitionen sowohl durch einen schleppenden Netzausbau als auch dadurch verhindert, dass die Kommunen teilweise die nutzbaren Flächen limitieren. Hinzu kommen Schwierigkeiten im Umgang mit den Netzbetreibern, bei der Lösung baurechtlicher Probleme und wenn es darum geht, ob die Fläche nach Rückbau einer Anlage wieder wie vorher bewirtschaftet werden darf.


Fazit
Insgesamt sehen die Landwirte im Einsatz einer Agri-PV prinzipiell eine sinnvolle Möglichkeit, um die Betriebe weiterzuentwickeln, und die Produktivität zu erhöhen. Der Aussage, dass eine Agri-PV nicht in den Betrieb oder die Kommune passt, wird deutlich seltener zugestimmt. Allerdings sollte man sich bewusst sein, dass die Stimmen derer sehr laut werden können, für die eine PV-Anlage auf landwirtschaftlichen Flächen aus Prinzip nichts verloren hat. Gerade aus Richtung der Ackerbauern lässt sich aus den Einzelmeinungen schließen, dass das Interesse dann steigen wird, wenn man sich anhand von Musterprojekten selbst davon überzeugen kann, dass Stromerzeugung und landwirtschaftliche Produktion tatsächlich nahezu störungsfrei nebeneinander existieren können. So dynamisch, wie die Solarbranche allerdings am Markt agiert, werden solche Projekte nicht allzu lange auf sich warten lassen.

Photo: DLG

Text: DLG

 

Geschrieben von

Constanze Hepp

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