Agri-PV – Antwort auf Klimaherausforderungen der Landwirtschaft?

In Zeiten des Klimawandels stehen Landwirte und Unternehmen weltweit vor der Herausforderung, ihre Produktion nachhaltiger und effizienter zu gestalten. Ein Teil der Lösung könnte in der Kombination von erneuerbarer Energie und landwirtschaftlicher Produktion liegen – in Form von Agri-Photovoltaik (Agri-PV). Diese Technologie ermöglicht es, Solarstrom zu erzeugen und gleichzeitig landwirtschaftliche Flächen weiterhin produktiv zu nutzen. Für Betriebe, die nach neuen Einkommensquellen und Klimaschutzmaßnahmen suchen, bietet Agri-PV eine vielversprechende Perspektive. Doch wie funktioniert Agri-PV genau, und welche Herausforderungen bringt es mit sich? Dieser Artikel beleuchtet das Potenzial dieser Technologie anhand eines aktuellen Projekts in NRW.

Der Agri-Food-Energy-Park Bürgewald: Ein Beispiel für den Strukturwandel in der Landwirtschaft

Ein Vorzeigebeispiel für die Verbindung von erneuerbaren Energien und Landwirtschaft ist der Agri-Food-Energy-Park Bürgewald. Diese Anlage wird im Rahmen der Strukturwandelinitiative BioökonimieREVIER vom Forschungszentrum Jülich betrieben. Auf etwa 2,5 Hektar wurde dort eine Agri-PV-Anlage installiert, die es ermöglicht, Solarstrom zu erzeugen, während darunter Sonderkulturen wie Beeren angebaut werden. Diese doppelte Nutzung von Flächen liefert pro Hektar eine Leistung von 1 bis 1,2 Megawatt – vergleichbar mit herkömmlichen Freiflächen-PV-Anlagen.

Grundlegende Vorteile und Herausforderungen von Agri-PV

Agri-PV bietet eine Vielzahl von Vorteilen. Zum einen kann durch die Beschattung der Pflanzen unter den Solarmodulen der Wasserbedarf gesenkt werden, da weniger Wasser verdunstet. Besonders kleine Pflanzen wie Beeren oder Gemüse profitieren davon, da sie weniger Wasser benötigen. Eine aktuelle Studie der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) zeigt: über 95 Prozent der befragten Landwirte bewerten die Potentiale von Agri-PV als positiv. Der DLG-PraxisMonitor zeigt, dass viele Landwirte bereit sind, in Agri-PV zu investieren, um ihre Flächen effizienter zu nutzen und ihre Einnahmequellen zu diversifizieren. Besonders angesichts veränderter Wetterbedingungen und steigender Energiepreise sehen Landwirte Agri-PV als Möglichkeit, ihre Betriebserträge zu stabilisieren.

Nicht alle Pflanzen eignen sich jedoch für den Anbau unter den Solarmodulen. Hoch wachsende Pflanzenarten wie Mais oder Getreide benötigen ausreichend Sonnenlicht und Platz und sind daher weniger geeignet. Auch hohe Installationskosten und der erschwerte Einsatz von Maschinen stellen Herausforderungen dar. Trotz dieser Hindernisse hebt die DLG hervor, dass Landwirte offen für diese Art der Produktionstechnologie sind, auch wenn der bürokratische Aufwand und die hohen Kosten in Deutschland noch viele abschrecken.

Im Jahr 2020 war es noch eine Herausforderung, eine Genehmigung für den Netzanschluss von Agri-PV-Anlagen zu erhalten, da diese innovative Technologie noch nicht in den relevanten Gesetzestexten berücksichtigt wurde. Beispielsweise war in Bürgewald eine potenzielle jährliche Stromerzeugung von 2.500 bis 3.000 MWh möglich, jedoch fehlte die Genehmigung zur Einspeisung ins öffentliche Netz. Der erzeugte Strom wurde vorübergehend in Batteriespeichern zwischengelagert, was eine Übergangslösung darstellte, aber nicht optimal war.

In den letzten Jahren hat sich die Situation deutlich verbessert. Durch Fortschritte in den gesetzlichen Rahmenbedingungen ist es heute möglich, Genehmigungen für Netzanschlüsse zu erhalten, sodass erzeugter Strom direkt ins öffentliche Netz eingespeist werden kann. Dies ist ein entscheidender Fortschritt, da Agri-PV-Anlagen damit nicht nur zur nachhaltigen Energieversorgung, sondern auch zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen können.

Laut einer DLG-Umfrage ist zwar der schleppende Netzausbau weiterhin ein Thema, doch die Hürden für Netzanschlüsse sind inzwischen überwiegend abgebaut. 

Zukunftstechnologie: Künstliche Intelligenz in der Landwirtschaft

Ein weiteres zukunftsweisendes Thema im Agri-Food-Energy-Park ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). In den kommenden Jahren sollen autonome Maschinen und Sensoren die Bewirtschaftung der Flächen optimieren. KI-gestützte Systeme könnten Ertragsmessungen automatisieren und so die Effizienz in der landwirtschaftlichen Produktion weiter steigern. Diese Technologien sollen innerhalb der nächsten 3 bis 5 Jahre in großflächigen Projekten eingesetzt werden.

Agri-PV als Lösung für die Erbnachfolge in der Landwirtschaft

Agri-PV kann auch eine Lösung für wirtschaftliche Stabilität in Familienbetrieben bieten. Ein Beispiel aus Bayern zeigt, wie die Installation von Agri-PV auf 1 Hektar die finanzielle Zukunft eines Hofes sichern konnte. Durch die Diversifizierung der Einkommensquellen konnte der Betrieb langfristig stabilisiert werden, auch wenn hohe Anfangsinvestitionen von 700.000 bis 1 Million Euro pro Hektar sowie umfassendes technisches Know-how erforderlich waren.

Fazit: Agri-PV als ein Puzzleteil für die Zukunft der Landwirtschaft

Trotz Herausforderungen wie den hohen Anfangsinvestitionen und dem fehlenden Netzanschluss bietet Agri-PV eine vielversprechende Perspektive für die Kombination von erneuerbaren Energien und Lebensmittelproduktion. Mit dem Einsatz moderner Technologien wie Künstlicher Intelligenz kann die Effizienz der landwirtschaftlichen Nutzung weiter gesteigert werden. Projekte in NRW zeigen bereits heute, dass die Doppelnutzung von landwirtschaftlichen Flächen zukunftsweisend ist – sowohl in Hinblick auf den Klimaschutz als auch auf die wirtschaftliche Sicherung von landwirtschaftlichen Betrieben.

Dieser Bericht wurde im Rahmen des Projekts TransformERN erstellt, denn bei TransformERN sind wir überzeugt davon, dass wir alle viel voneinander lernen können – gerade wenn es darum geht, so komplexe Ziele wir Klimaneutralität zu erreichen. Wir von TransformERN freuen uns, dich gemeinsam mit unseren Partnern Ernährung NRW und Food-Processing Initiative auf dem Weg aktiv dabei zu unterstützen. 

TransformERN ist mit Mitteln der Europäischen Union und des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen finanziert.

Photo: Forschungszentrum Jülich / BioökonomieREVIER/ CHRISTINA KUCHENDORF

Geschrieben von

Constanze Hepp

Kommentare

Logge dich ein, um den Artikel zu kommentieren
Foodhub NRW

Wir vernetzen Akteure der Agrar- und Lebensmittelbranche vom Feld zum Regal, um gemeinsam zukunftsgerichtete Lösungen für die Branchen zu entwickeln.

© 2020 Foodhub NRW