Mit der richtigen Kundenperspektive ins Regal

Who is your customer? 

Sag mal, kennst du deine Kunden? Glaubst du, ihre Bedürfnisse zu verstehen? Wichtige Fragen, die Hersteller mit „ja“ beantworten sollten. Tatsache aber ist: die meisten Food Startups haben den falschen Kunden im Blick. Ein Fehler, der dich den Platz im Regal kosten kann. 
In diesem Artikel helfe ich dir, ein besseres Verständnis für deine Kunden zu gewinnen.  

Das Tor zum Verbraucher 

Viele Hersteller beschäftigen sich intensiv mit Marktforschung. Grundsätzlich ein wichtiger Baustein, um das Geschehen auf dem Markt zu erfassen und die Verbraucher besser zu verstehen. Hier wird eine Menge Zeit und Kraft investiert, doch aus meiner Sicht richten viele Hersteller zu wenig Augenmerk auf ihren direkten Kunden, nämlich den Handel.
Was bringt die beste Marktforschung, wenn der Zugang zu den Verbrauchern verwehrt wird. Dem Einkäufer muss das Produkt schließlich auch „schmecken“, bevor es in seine Regale kommt. „Wie schaffe ich das?“, werde ich oft gefragt. 
Ich habe hierzu einige Beispiele (Perspektivenwechsel, Supply Chain, Zeit & Präsentation) aus eigener Erfahrung ausgewählt, die dich auf deine Gespräche vorbereiten sollen.  
Wenn die Zusammenarbeit mit dem Handel neu ist, kann ein Perspektivenwechsel für den Anfang schon sehr hilfreich sein. Stelle dir vor, du würdest auf der Schulter des Einkäufers sitzen (klassische Methode im Coaching) und dein Gegenüber möchte dir etwas verkaufen. Du wirst schnell feststellen, was dich überzeugt und was nicht. Hieraus ergeben sich erste Anhaltspunkte, um Sichtweisen zu überprüfen und die eigenen Argumente zu optimieren. Übrigens: jeder Händler tickt anders!
Selbstredend sollten sämtliche Punkte rund um die Supply Chain (u.a. delivery free warehouse, minimum order quantity, lead time oder die Lieferpünktlichkeit) einkalkuliert, vorbereitet bzw. gewährleistet sein. Was bedeutet dies konkret? Während du aus deinem eigenen Onlineshop dem Kunden (B2C) Lieferkosten berechnest, ist die Anlieferung beim Händler - egal ob Markt oder Zentrallager - immer frei Haus. Hierbei ist es unerheblich, ob du einen Karton oder einen vollen LKW anlieferst. 
Die minimum order quantity ist für Händler relevant, da sie ihr eigenes Risiko minimieren (Produkte nicht abverkaufen zu können) bzw. die Kapitalbindung reduzieren wollen. Kein Händler wird sich das Lager vollstellen, schon gar nicht mit Produkten, die neu auf dem Markt sind. Kalkuliert im Vorfeld die Liefermengen, die ihr benötigt und für euren Kunden verträglich sind. 
Wenn ihr so weit seid, sollten die Produktions- und Logistikprozesse stehen, denn ein Händler erwartet Zuverlässigkeit! Wenn bestellt wird, hat die Ware im vertraglich vereinbarten Zeitraum (lead time) angeliefert zu sein. Darüber hinaus gibt es klar vorgegebene Anlieferfenster. Zentralläger sind durchgetaktet und da gibt es keinen Spielraum. Wenn du zum avisierten Zeitraum nicht da bist, ist dein Slot weg. Konsequenz: keine Anlieferung, reduzierter Stock im Lager, keine Belieferung der Märkte, leere Regale, kein Umsatz und den Rest kannst du dir denken. 

Was noch?

Der Lebensmittelhandel ist eine komplexe Maschinerie, die durchläuft und auf niemanden wartet. Wenn du mitspielen willst, dann musst du gewisse Regeln einhalten und die Lösung für die unterschiedlichsten Herausforderungen mitbringen. Und glaube nicht, dass ein Händler für dich eine Ausnahme machen wird, weil du ein so großartiges Produkt anbietest. Die Regale sind voll und der Händler hat es bislang auch ohne dich geschafft. Harte Worte, aber so ist es.^

Time is money!

Wesentlich bei der Vorstellung deiner Ideen ist es, die Zeit im Auge zu behalten. Denn die ist bei jedem Einkäufer knapp. Einkaufsverantwortliche haben tagtäglich mit einer großen Anzahl an Lieferanten zu tun, die ihr Sortiment vermarkten und ihre „Innovationen“ vorstellen wollen. Denke auch hier dran, du bist aus Sicht deines Kunden nur einer von vielen. 
Regelmäßig sind die Unterlagen von Herstellern zu lang (50 Seiten plus). Häufig werden viel zu viele Informationen reingepackt. Informationen, die den Einkäufer gar nicht interessieren. Auch hier gilt „weniger ist mehr“. Wie oft wurde die Vorstellung der eigenen Themen vorzeitig abgebrochen, weil die Zeit „rum“ war. Da bringen dir die überzeugendsten Argumente nichts, wenn du gar keine Möglichkeit hast, sie vorzutragen. 
Aus meiner Erfahrung sprechen Präsentationen oft nicht die Sprache des Einkäufers. Während Hersteller bei den Mengen (aus der Produktion kommend) von Tonnen reden, ist im Handel die relevante Größe der Umsatz. Wer die Zahlen nicht versteht bzw. nachvollziehen kann, wird diesen auch nicht trauen und keine Entscheidung treffen (höchstens dagegen). Macht euch entsprechend die Mühe und „übersetzt“ eure Zahlen, damit beide Seiten ein gemeinsames Verständnis entwickeln können als Grundlage für eine zielführende Diskussion. 
Darüber hinaus übernehmen Key Accounter in Präsentationen oft die „bunten Bildchen“ von der Marketingabteilung, in denen der Händler sich überhaupt nicht wiederfindet. Insbesondere, wenn die nächste Marketingkampagne (und die damit verbundenen Budgets) des Herstellers aus Sicht des Händlers keinen Mehrwert hat. Was hat beispielsweise der stationäre Handel von einer Social Media Kampagne, wenn die ihm keine neuen Kunden bringt? Das ist vergeudete Zeit. 
Ich hoffe, dass ich dir jetzt einige Impulse im Umgang mit deinen Kunden geben konnte. Grundsätzlich gilt: je überzeugender das Produkt, desto weniger zusätzliche Argumente benötigst du. 

Meine Tipps:
  • Make it easy for your Customer
  • Versetze dich in seine Lage und biete Lösungen
  • Stelle sicher, dass der Kunde „Spaß“ an deinem Produkt haben kann 

Fazit:
Es lohnt, sich schon im Vorfeld zu informieren, damit du die optimale Vorgehensweise wählst und die richtigen Argumente auf deiner Seite hast. Schaue dir dazu auch gerne meine Checkliste zum Listungsgespräch unter an. Wie heißt es doch so schön: „Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.“

Geschrieben von

Oliver Merckens

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