Frühwarnsystem für sichere Lebensmittel

#forschung #netzwerk

Schimmelpilzsporen in Milch, Bier oder Säften bleiben oft unentdeckt – bis es zu spät ist. Das Projekt SenSpores der Hochschule Niederrhein entwickelt Biosensoren, die Verunreinigungen schon im Produktionsprozess erkennen. Projektleiterin Andrea Finken erklärt im Interview, wie das Millionenverluste verhindern kann und warum sich auch kleine Betriebe beteiligen sollten.

Können Sie Ihr Forschungsprojekt in maximal 30 Sekunden so erklären, dass es auch Jemand ohne Fachstudium versteht?

SenSpores ist ein Forschungsprojekt zur Entwicklung von Biosensoren die Schimmelpilzsporen in flüssigen Lebensmitteln wie Milch, Säften oder Bier frühzeitig erkennen können. Ziel ist es, mikrobiologische Verunreinigungen schneller und zuverlässiger aufzuspüren, um Rückrufe, Produktverluste und Gesundheitsrisiken zu vermeiden. Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie entwickeln wir praxistaugliche Lösungen für mehr Lebensmittelsicherheit – direkt anwendbar in der Produktion.

Welches konkrete Problem löst Ihre Forschung für Betriebe in der Land- und Ernährungswirtschaft? Können Sie ein Beispiel nennen?

Durch engmaschige mikrobiologische Kontrollen des Produktionsprozesses können Probleme früher erkannt und direkt Maßnahmen ergriffen werden. Bisher liegen mikrobiologische Ergebnisse oft erst vor wenn das Produkt bereits im Regal des Supermarktes liegt, oder bei Produkten mit einer kurzen Haltbarkeit, diese bereits beim Verbraucher sind. Rückrufaktionen sind dann teuer und imageschädigend für das Unternehmen

Können Sie uns von einem Moment erzählen, in dem Sie gemerkt haben: 'Das funktioniert wirklich in der Praxis!'?

Wir sind noch am Anfang des Projektes und freuen uns, dass die Biosensoren für bestimmte Schimmelpilze bereits hergestellt werden konnten und im nächsten Schritt die Funktionsfähigkeit im Labormaßstab überprüft werden kann.

Viele kleinere Betriebe denken, Forschungskooperationen seien nur etwas für Großunternehmen. Wie kann auch ein Kleinst- bzw. Kleinunternehmen von Ihrer Arbeit profitieren?

In unserem Fall, indem sie ein assoziierter Partner im Projekt werden.

Auch Kleinst- und Kleinunternehmen können von einer Forschungskooperation profitieren, indem sie Zugang zu spezialisiertem Fachwissen, moderner Analytik und praxisnahen Lösungen erhalten – ohne selbst in teure Infrastruktur investieren zu müssen.
Da das Projekt bereits läuft können die Unternehmen keine finanzielle Förderung beantragen.

Ihre Forschung trägt zur nachhaltigen Transformation bei. Welche handfesten wirtschaftlichen Vorteile – nicht nur Umweltvorteile – entstehen für die Unternehmen? Wenn möglich bitte den Impact mit konkreten Zahlen benennen.

Konkrete Zahlen können nicht benannt werden, lediglich eine theoretische Abschätzung, die nicht auf branchenspezifischen Daten beruhen.

Eine „typische“ Rückrufaktion kostet in Deutschland durchschnittlich 5–10 Mio. €

Deutschland verzeichnete 2023 etwa 102 mikrobiologische Rückrufe; davon angenommen 40–50 in Bereichen Milch, Bier und Fruchtsaft (Branchenanteil geschätzt).

In NRW entsprechend dem Bevölkerungsanteil (~21 %), könnten sich die direkten Kosten auf ca. 60–100 Mio. € pro Jahr in diesen Branchen belaufen – ohne die teils erheblichen indirekten Folgen wie Markenverlust, Absatzrückgang oder Rechtskosten.

Wie sieht der ideale Partner aus der Wirtschaft aus für Sie in diesem Moment? Was suchen Sie konkret (z.B. Marktinsights, Pilotierung)?

Der ideale Partner aus der Wirtschaft ist für uns ein lebensmittelverarbeitender Betrieb, der offen für Innovation ist und bereit, mikrobiologische Fragestellungen aktiv in die Entwicklung neuer Lösungen einzubringen.

Wir suchen keine reinen Abnehmer, sondern Mitentwickler.

Welche Kooperationsformen könnten Sie sich vorstellen – von der einfachen Bachelorarbeit bis zum mehrjährigen Forschungsprojekt?

Es ist möglich in unserem Projekt als assoziierter Partner mitzuarbeiten, das ist eine kooperative Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen, bei der die Partner eng vernetzt sind, aber ohne formale, rechtlich bindende Mitgliedschaft im Projekt eingebunden sind.

Das bedeutet:

  • Der assoziierte Partner bringt Expertise, Know-how oder Ressourcen ein,
  • nimmt an Treffen und Abstimmungen teil,
  • profitiert vom Wissensaustausch,
  • ist aber nicht formell an alle Projektverpflichtungen gebunden

Wie sollte ein Unternehmen konkret vorgehen, wenn es mit Ihnen zusammenarbeiten möchte? Was ist der erste Schritt?

Interessierte Unternehmen können uns jederzeit per E-Mail oder Telefon kontaktieren, um einen Termin für das erste Gespräch zu vereinbaren. Kontaktdaten findet man auf der Internetseite des Projekts.

Was haben Sie durch die Zusammenarbeit mit Unternehmen gelernt, was Sie vorher nicht wussten? Wie hat das Ihre Forschung verändert?

Die enge Kooperation mit der Praxis hat unsere wissenschaftliche Perspektive erweitert. Wir haben gelernt, nicht nur in Technologien zu denken, sondern in anwendbaren Lösungen – und das hat unser Verständnis für Innovation im Lebensmittelsektor nachhaltig geprägt.

Warum ist es wichtig, dass Forschung und Betriebe in NRW eng zusammenarbeiten? Was macht die Region besonders?

NRW verfügt zum einen über eine dichte Forschungslandschaft – mit exzellenten Hochschulen, Fachhochschulen, Forschungsinstituten und Innovationszentren. Zum anderen ist das Land von einer und leistungsstarken Ernährungswirtschaft geprägt: vom kleinen handwerklichen Betrieb über spezialisierte Landwirtschaft bis hin zu international tätigen Lebensmittelunternehmen.

Die enge Zusammenarbeit ist wichtig, weil sie Innovationen dort verankert, wo sie gebraucht werden – in der Praxis. Forschung wird dadurch anwendungsnäher, und Betriebe profitieren direkt von neuem Wissen, etwa zu nachhaltigen Produktionsverfahren, Ressourceneffizienz, Digitalisierung oder veränderten Konsumtrends.

Wie sehen Sie die Land- und Ernährungswirtschaft in NRW in 10 Jahren, wenn mehr Betriebe den Mut zur Forschungskooperation fassen?

Forschungskooperationen – ob mit Hochschulen, oder privaten Innovationszentren – werden zukünftig zum Alltag gehören. Sie liefern Lösungen für konkrete betriebliche Herausforderungen und stärken gleichzeitig die Resilienz der gesamten Branche gegenüber globalen Krisen, Lieferengpässen und Klimarisiken.


Am 24.09. stellt das Team das Projekt auf der Ideenfutter Expo in Neuss vor – Tickets sind hier verfügbar!


© Bild: Canva 

Dieser Bericht wurde im Rahmen des Projekts TransformERN erstellt, denn bei TransformERN sind wir überzeugt davon, dass wir alle viel voneinander lernen können – gerade wenn es darum geht, so komplexe Ziele wir Klimaneutralität zu erreichen. Wir von TransformERN freuen uns, dich gemeinsam mit unseren Partnern Ernährung NRW und Food-Processing Initiative auf dem Weg aktiv dabei zu unterstützen. 

TransformERN ist mit Mitteln der Europäischen Union und des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen finanziert.

Geschrieben von

Constanze Hepp

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