Eine Studie der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) zeigt, dass das Thema Verpackung weiterhin eine Herausforderung ist auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit. Verbraucher, Institutionen und NGOS fordern Lösungen, um Verpackungen weniger umweltschädlich zu produzieren. Aber wie bewertet man eigentlich die Nachhaltigkeit von Verpackungen? Dafür hat die Effizienz-Agentur (EFA) NRW eine Power-App zur Bewertung nachhaltiger Verpackungen entwickelt. Wie die funktioniert, erklärt EFA-Projektverantwortliche Henning H. Sittel in diesem Interview. Wir danken der EFA für die Erlaubnis, das auf ihrer Website veröffentliche Interview, hier auch als Gastartikel veröffentlichen zu können. Wenn du danach mehr wissen willst: am 8.2. findet ein Online Seminar zu der App statt.
Lieber Henning, warum sollten sich Unternehmen mit dem Thema nachhaltige Verpackungen beschäftigen?
Mit den wachsenden Anforderungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung steigen auch die Anforderungen an die Messbarkeit der Nachhaltigkeit. Gerade im Bereich der Verpackungen wird mit der Aussage „Nachhaltige Verpackungen“ viel suggeriert, aber oft wenig Konkretes ausgesagt. Der Ansatz der Indikatoren-Bewertung ist dabei nicht neu. Neu ist jedoch die Ganzheitlichkeit in der Betrachtung der Nachhaltigkeit von Verpackungen, die die neue Power-App der EFA bietet.
Du bist täglich im Beratungsgeschäft mit Unternehmen im Gespräch. Wie hoch ist das Thema nachhaltige Verpackungen in der Wirtschaft aufgehängt?
Jedes Unternehmen hat Verpackungen. Sicher sind nicht immer die nachhaltigsten Varianten im Einsatz. Aber vor allem können durch Ressourceneinsparungen nicht nur die Nachhaltigkeit beeinflusst werden, sondern auch die Kosten und Aufwände gezielt verringert werden. Zirkulär gestaltetet Verpackungen leisten zudem einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung.
Wie wichtig ist aus deiner Sicht die Einbindung der Partner in der Wertschöpfungskette bei der Entwicklung nachhaltiger Lösungen?
Kommunikation entlang der Wertschöpfungsketten ist ein zentraler Garant für eine erfolgreiche Platzierung von neuen Verpackungslösungen. Dazu muss das Verständnis, was Nachhaltigkeit in diesem Kontext bedeutet, weiter geschärft werden. Dazu benötigen wir die unterschiedlichen Sichtweisen entlang der Wertschöpfungsketten. Wichtig ist es, dass diese neutral und unabhängig im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung zusammengeführt werden. Nur so kann ein gemeinsames Verständnis erreicht werden.
Grundlage eurer neuen Power-App ist die gemeinsam mit dem Forschungsprojekt Prosperkolleg entwickelte Bewertungsmatrix für nachhaltigere Verpackungen. Wodurch zeichnet sich die Matrix aus?
Die Bewertungsmatrix wurde 2021 in einem Wertschöpfungsketten-Netzwerk mit rund 15 Unternehmen der Ernährungswirtschaft entwickelt. Die Hochschule Ruhr-West hatte dabei im Rahmen des Forschungsprojekts Prosperkolleg die wissenschaftliche Begleitung übernommen, die Ergebnisse validiert und deren Anwendbarkeit bewertet. Dabei wurde eine Matrix mit Indikatoren in den Schwerpunktbereichen Produktschutz, Zirkularität, Umwelt, Anlagenauslastung und Kommunikation entwickelt, die als Entscheidungshilfe bei der Bewertung von Verpackungen hilfreich ist.
Mit der neuen Power-App der EFA können Unternehmen Verpackungsalternativen nach Nachhaltigkeitskriterien noch besser miteinander vergleichen. Wie genau funktioniert die App?
Die neue Power-App ist intuitiv und nachvollziehbar. Begleitet von der EFA werden Unternehmensvertreter:innen durch den Bewertungsprozess geführt und erhalten am Ende in Form einer schriftlichen Dokumentation die Ergebnisse der Packmittelanalyse übersichtlich zusammengefasst. Dabei besteht Möglichkeit bis zu 45 Indikatoren in den bereits genannten fünf Schwerpunktbereichen einzubeziehen. Offene Fragen sowie Maßnahmenvorschläge werden darin festgehalten. So dient das Ergebnis als Grundlage für die nächsten Schritte hin zu einer belastbaren Aussage, welche der beiden betrachteten Verpackungslösungen am Ende die „nachhaltigste Variante“ ist. Die neue Power App bietet neben der qualitativen Bewertung auch die Möglichkeit der quantitativen Bewertung. Dies ist im Hinblick auf verfügbare Zahlen, Daten und Fakten zur Validierung der getätigten Aussagen sehr bedeutsam.
Wie geht es mit der Power-App weiter? Und was plant die EFA in 2024 zum Thema nachhaltige Verpackungen?
Aktuell wollen wir zu den bereits mehr als 40 durchgehführten Packmittelanalysen weitere Praxisbeispiele sammeln und das Indikatoren-Profil schärfen. Insbesondere den Ansatz der Kennzahlenbildung zur Aussage, welche Variante am Ende die „Nachhaltigste Verpackung“ sein kann, werden wir weiterverfolgen. Dazu planen wir, ein entsprechendes Dashboard zur Visualisierung der Ergebnisse und zur Konkretisierung der Argumentationslinie aufzubauen.
Was können interessierte Unternehmen tun, die die App nutzen wollen?
Sich gerne bei der EFA telefonisch oder per Mail melden. Wir werden dann im ersten Schritt die konkrete Fragestellung besprechen und können dann einen Online-Termin für den Verpackungsvergleich anbieten.
Lieber Henning, vielen Dank für das Gespräch.
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