Die Wahl der richtigen Verpackung wird für Unternehmen der Lebensmittelbranche immer komplexer. Zwischen gesetzlichen Vorgaben, Nachhaltigkeitszielen und praktischen Anforderungen müssen zahlreiche Faktoren berücksichtigt werden. Unser Webinar "Lebensmittel sicher und nachhaltig verpacken – ein Praxischeck" mit den beiden Verpackungsexperten Till Isensee und Liane Miller von der TILISCO GmbH lieferte wichtige Einblicke in die aktuellen Herausforderungen und Lösungsansätze. Es fand im Rahmen des Projekts TransformERN statt. Im Folgenden haben wir die wichtigsten Informationen und Erkenntnisse für dich zusammengefasst:
Die wichtigste Erkenntnis vorweg
Es gibt nicht die eine nachhaltige Verpackung. Jede Verpackungslösung hat ihre spezifischen Vor- und Nachteile. Der Schlüssel liegt darin, die richtige Balance für das jeweilige Produkt und Unternehmen zu finden.
Grundlagen der Verpackungsentwicklung
Produktschutz steht an erster Stelle. Bevor über Nachhaltigkeit nachgedacht wird, müssen die grundlegenden Anforderungen an die Verpackung definiert werden:
Produktanforderungen klären:
Technische Rahmenbedingungen:
Weitere wichtige Faktoren:
Die PPWR: Neue gesetzliche Anforderungen ab 2026
Die Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR) der EU ist am 12. Februar 2025 in Kraft getreten und betrifft alle Unternehmen, die verpackte Produkte auf den Markt bringen. Eine Übergangszeit gilt bis zum 26. August 2026, ab dann findet sie Anwendung.
Zentrale Anforderungen der PPWR
Konformitätserklärung (Artikel 35):
Stoffliche Beschränkungen:
Recyclingfähigkeit:
Rezyklateinsatz:
Weitere Vorgaben:
Wer definiert Nachhaltigkeit?
Die Definition von Nachhaltigkeit variiert je nach Akteur:
Gesetzgeber (EU):
Handel:
NGOs (MyClimate etc.):
Verbraucher:
Verpackungshersteller:
Häufige Mythen und ihre Realität
Mythos: "Papier ist immer besser als Plastik"
Mythos: "Bio-Kunststoffe sind nachhaltiger"
Mythos: "Kompostierbare Verpackungen sind die Lösung"
Praktische Empfehlungen für Unternehmen
Beispiele aus der Praxis
Das Webinar zeigte eindrücklich, wie vielfältig die Ansätze für nachhaltige Verpackungslösungen sein können. Die Milka Papierverpackung etwa reduziert zwar den Kunststoffanteil erheblich, ist aber entgegen der Wahrnehmung vieler Verbraucher nicht vollständig kunststofffrei.
Besonders interessant ist der K3-Becher mit seiner Pappbanderole, der durch Gewichtsreduktion punktet, gleichzeitig aber Herausforderungen bei der Recyclingfähigkeit mit sich bringt.
Als Vorreiter gilt die Froschbeutelverpackung von der Firma Frosch, die als einzige bekannte Lösung eine 100% Recyclingfähigkeit erreicht - möglich wird dies durch spezielle Druckverfahren, die den Druckfarbenanteil unter 0,5 Prozent halten.
Bei TK-Papierverpackungen zeigt sich, wie aufwändig echte Innovation sein kann: Hier wurde über mehrere Jahre eine völlig neue Papiersorte entwickelt, um die besonderen Anforderungen von Tiefkühlprodukten zu erfüllen.
Zukunftsausblick
Die Verpackungsbranche steht vor spannenden Entwicklungen, die neue Möglichkeiten für nachhaltige Lösungen eröffnen. Fasern aus der Moorrevitalisierung, sogenannte Paludisysteme, bieten eine klimafreundliche Alternative zu herkömmlichen Materialien. Algenbasierte Verpackungen gewinnen ebenfalls an Bedeutung und könnten besonders für den norddeutschen Raum interessant werden. Stroh- und Gerstenfasern entwickeln sich zu vielversprechenden Alternativen für Styroporverpackungen, während innovative Mehrwegsysteme neue Wege in der Kreislaufwirtschaft aufzeigen.
Eine besonders zukunftsweisende Entwicklung ist der Einsatz von KI bei der Erstellung von Konformitätserklärungen für die PPWR. Diese Technologie könnte es auch kleineren Unternehmen ohne tiefes Fachwissen ermöglichen, die komplexen gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen und dabei Zeit und Kosten zu sparen.
Unterstützung durch TransformERN
Das Projekt TransformERN versteht sich als wichtige Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis in der Lebensmittelbranche. Mit einem Netzwerk von über 400 Unternehmen und einer gebündelten Branchenerfahrung von mehr als 50 Jahren bietet das Projekt konkrete Hilfestellungen bei der nachhaltigen Transformation. Die kostenfreie 45-minütige Erstberatung ermöglicht es Unternehmen, individuelle Potenziale entlang der Scope eins bis drei zu identifizieren und maßgeschneiderte Handlungsempfehlungen zu erhalten.
Besonders wertvoll ist die Fördermittelberatung in Zusammenarbeit mit Zenit, die Unternehmen gezielt zu passenden Förderprogrammen in NRW führt. Das Projekt organisiert zudem regelmäßig Webinare und Workshops zu aktuellen Themen und unterhält eine WhatsApp-Community, über die Teilnehmer zeitnah über neue Entwicklungen, Fördermöglichkeiten und Veranstaltungen informiert werden. Diese Vernetzung hilft dabei, dass innovative Lösungen schneller den Weg in die Praxis finden.
Fazit
Die Wahl nachhaltiger Verpackungen ist komplex und erfordert eine systematische Herangehensweise.
Wichtig ist:
Die gute Nachricht: Es gibt viele innovative Lösungen und Unterstützungsmöglichkeiten. Der Schlüssel liegt darin, die für das eigene Unternehmen passende Strategie zu entwickeln und konsequent umzusetzen.
Für weitere Informationen und individuelle Beratung steht dir das TransformERN-Team gerne zur Verfügung. Kontaktiere uns gerne: constanze@foodhub-nrw.de
© Bild: Canva
Dieser Bericht wurde im Rahmen des Projekts TransformERN erstellt, denn bei TransformERN sind wir überzeugt davon, dass wir alle viel voneinander lernen können – gerade wenn es darum geht, so komplexe Ziele wir Klimaneutralität zu erreichen. Wir von TransformERN freuen uns, dich gemeinsam mit unseren Partnern Ernährung NRW und Food-Processing Initiative auf dem Weg aktiv dabei zu unterstützen.
TransformERN ist mit Mitteln der Europäischen Union und des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen finanziert.
Wir vernetzen Akteure der Agrar- und Lebensmittelbranche vom Feld zum Regal, um gemeinsam zukunftsgerichtete Lösungen für die Branchen zu entwickeln.
© 2025 Foodhub NRW e.V.