Die Agritechnica präsentiert vom 12. bis 18. November 2023 in Hannover den aktuellen Stand der Agrartechnik und zeigt neben zahlreichen Neuheiten auch viele interessante Innovationen. Prof. Dr.-Ing. Stefan Böttinger, Leiter Fachgebiet Grundlagen der Agrartechnik, Universität Hohenheim, sieht die folgenden Trends in der Weiterentwicklung der Landmaschinen:
Düngetechnik
In der Düngetechnik hält der Trend in Richtung Effizienzsteigerung, Umweltschutz und Ressourcenschonung an, um eine möglichst effiziente und nährstoffverlustarme Düngerausbringung zu gewährleisten. Ein wesentlicher Bestandteil weiterer Entwicklungen ist die Integration von Automatisierungstechnik und Vereinfachungen bei der Bedienung und Kontrolle der Ausbringsysteme. Bei Zentrifugal- und Pneumatikdüngerstreuern und für die Ausbringung von flüssigen und festen Wirtschaftsdünger gibt es hierzu viele interessante Neu- und Weiterentwicklungen.
Saat- und Bestelltechnik
Neben der einfachen Bedienung sind bei der Sätechnik vor allem eine gleichmäßige Saatbettbereitung und eine gleichmäßige Tiefenablage des Saatgutes wichtig. Drillsaatsysteme mit Vereinzelung und auch Einzelkornsaatsysteme gewinnen an Bedeutung. In diesem Jahr ist des Weiteren bei der Drillsaat die automatische Schardruckanpassung ein Thema für Innovationen. Ein weiterer Innovationstrend ist das gleichzeitige Ausbringen von Saatgut, um den Anforderungen nach Mehrkulturen im Feld gerecht zu werden
Pflanzenschutztechnik
Bei der Pflanzenschutztechnik ist die Optimierung der Schlagkraft ein Fokus, etwa durch Fronttanksysteme, höhere Fassvolumina oder Selbstfahrer. Um Pflanzenschutzmittel zu sparen, werden viele Hacken durch Kamerasteuerung und Verschieberahmen in die Lage versetzt, noch exakter zu arbeiten. Auch durch Spot Applikation lässt sich dieses Ziel erreichen. Über alle Spritzsysteme hinweg ist ein Trend unübersehbar: die Auslastung der Spritze kann und muss noch gesteigert werden. Hierbei stellen die elektronischen Hilfsmittel einen entscheidenden Faktor dar. Eine sehr hohe Aktivität ist im Bereich der autonomen Systeme zu verzeichnen, wo es viele Lösungsansätze gibt. Im Düsenbereich sind bei den pulsweiten-modulierten Düsen inzwischen Systeme erhältlich, die zuverlässig arbeiten und diverse Möglichkeiten wahr werden lassen.
Traktoren
Mit der CO2-Problematik sind bei den Traktoren Verbrennungsmotoren für alternative Kraftstoffe in den Vordergrund gerückt. Im Bereich Gasmotoren können LNG-Motorenkonzepte dank neuer LNG-Tanks jetzt auch in der Landwirtschaft zu einer geeigneten Antriebsoption werden. Die Batterietechnik wird stetig weiterentwickelt. Damit ausgerüstete Fahrzeuge dürften sich in erster Linie für leichte und mittelschwere Anwendungen eignen. Brennstoffzellenantriebe stecken hingegen noch in den Kinderschuhen, während Hybridmodelle eine Lösung für mittlere oder größere Traktoren sein können. Bei Getrieben findet eine evolutionäre Weiterentwicklung statt. Was sonst noch festzustellen ist: Anpassungen bei der Fahrzeugtechnik sowie Weiterentwicklungen bei den Komfortfunktionen.
Mähdrescher
Im Bereich der Druschfruchternte stellen die Hersteller viele Innovationen vor. Bei den Mähdreschern gibt es wichtige Neuheiten im Dresch- und Trennbereich sowie zur Sicherung der Leistungsstabilität und Arbeitsqualität. Die Leistungsdichte bei begrenztem Bauraum und die Automatisierung nehmen nochmals zu. Der Trend zu Erntevorsätzen, wie den Bandschneidwerken, die an verschiedenste Bedingungen anpassbar sind, setzt sich fort und ebenso der Trend zu höherer Leistungsdichte und Automatisierung des Mähdreschers. Leistungsstabilität und Arbeitsqualität werden bei der Ernte in der Ebene und am Seitenhang durch Regeltechniken und teilautomatisierte Kalibriertechniken weiter erhöht.
Kartoffeltechnik
Bei der Aufbereitung von Lagerkartoffeln werden opto-elektronische Verlese- und Sortieranlagen immer mehr eingesetzt. Bei der Anlage von Kartoffelflächen erleichtert bei den kombinierten Einheiten aus Bodenbearbeitungs-, Lege- und Häufelwerkzeugen eine separate Einstellung oder Nutzung der Aggregate die Anpassung an die wechselnden Einsatzbedingungen. Im Bereich der mechanischen Kartoffelpflege hat die technische Entwicklung bisher aber noch nicht die Dynamik angenommen, wie in anderen Kulturen, z. B. Zuckerrüben. Für vollständig chemiefreie Krautminderungsverfahren stehen neben Krautrupfmaschinen thermische Abflammgeräte sowie die elektrische Krautsikkation zur Verfügung.
Zuckerrübenernte
Der selbstfahrende Köpfrodebunker – meist 6- und 9-reihig, oft auch 12-reihig – ist der Standard in der Rübenernte. Herstellerübergreifend wird an Detailverbesserungen gearbeitet, die vor allem geringere Eigengewichte bei längerer Lebensdauer von Verschleißteilen und Kosteneinsparung im Fokus haben. Telemetrie-Begleitung und integrierte Wiegesysteme optimieren die Prozesskette, dienen zur Überwachung und helfen bei Wartung und Service. Erste Projektresultate für eine sensorgesteuerte Automatisierung von Rodeorganen zur Entlastung des Fahrers sind in der Markteinführung.
Futtererntetechnik
Vom Mähen bis zur Ernte zielen alle Entwicklungen auf einen verwertungsgepassten Umgang mit dem Erntegut und eine zunehmende Fahrerentlastung. Die neigungs- und kurvenangepasste Steuerung der Frontmähwerke zählt ebenso dazu wie die automatische Aufbereitereinstellung beim Mähwerk. Die Schnittqualitäten beim Ladewagen zielen auf einen geringeren Oberlängenanteil. Bei Rundballenpressen mit variabler Presskammer sind Ballen mit gleichem Trockenmasseinhalt das Ziel und beim Feldhäcksler gleichmäßige Schnittqualitäten und ein sehr hoher Durchsatz. Bei Netzen und Wickelfolien sind formstabile, gasdichte Rundballen weiterhin oberste Maxime.
Digitale Systeme und IT
Die Trends zum vermehrten Einsatz von digitalen Systemen und IT sind in der Landwirtschaft sowie in den vor- und nachgelagerten Bereichen weiterhin deutlich erkennbar. Die Neuheiten reichen von Fahrspurplanungen und Maschinenautomatisierungen über Managementsysteme und Apps bis hin zum Bewässerungs-, Pflanzenschutz- und Düngungsmanagement. Die Optimierung von ganzen Produktionsprozessen bei gleichzeitiger Arbeitsleistungs- und Qualitätssteigerung steht dabei meist im Vordergrund. Der Trend zu herstellerübergreifenden Lösungsansätzen ist klar erkennbar.
Fazit
Den Herstellern gelingt es weiterhin, mit ihren Maschinen und Geräten noch höhere Flächenleistungen und eine verbesserte Arbeitsqualität zu ermöglichen. Intelligente Maschinenkonzepte ermöglichen höhere Flächenleistungen in dem durch die StVZO begrenzten Bauraum. Elektrische Antriebe verbessern die Dynamik der Maschinen und reduzieren den CO2-Ausstoß. Der verstärkte Einsatz von Kameras und anderen Sensoren in Verbindung mit intelligenten Auswertungen erleichtert die Bedienung der Maschinen und Geräte und sorgt durch Assistenzsysteme und Automatisierungen für eine gleichbleibend hohe Arbeitsqualität.
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