Wo kommt das her? Was ist da drin? Und welcher Laden hat das überhaupt? Verbrauchern wollen grundlegende Informationen über ihre Lebensmittel, sie wünschen sie sich mehr Transparenz und einen einfacheren Zugang zu Produktinformationen.
Mit der fortschreitenden Digitalisierung der Wertschöpfungsketten, der Vereinheitlichung von Datenströmen und der Schaffung von Schnittstellen rückt die absolute Transparenz in greifbare Nähe. Mobile Apps lautet das Stichwort, um Verbrauchern die Transparenz zu geben, die sie sich wünschen. Das sehen auch Investoren so.
In diesem Artikel stellen wir euch nun einige der führenden Konsumenten-Apps aus Deutschland, der Schweiz und Österreich sowie aus unserer Foodhub NRW-Community vor, die Apps zum Thema Lebensmitteltransparenz entwickelt haben.
Konsumentenwünsche beantworten
Aus mehreren Studien gehen vier zentrale Erwartungen hervor, die Konsumenten an Lebensmittel haben:
- Produktinformationen über Nährwerte und Inhaltsstoffe: Der Wunsch danach, möglichst viel über Inhaltsstoffe und Nährwerte von Lebensmitteln herauszufinden nimmt zu. Eine Befragung von Bitkom aus 2020 zeigt, dass sich ein Großteil der deutschen Verbraucher genaue Informationen darüber wünscht, welche Inhaltsstoffe in Lebensmitteln enthalten sind und wie diese produziert werden. 75 % wollen beim Einkauf von Lebensmitteln ganz genau wissen, was in den Produkten steckt. 51 % achten auf bestimmte Siegel oder Labels. Außerdem belegt die DLG-Studie "My Food - Personalisierung und Ernährung", dass 33 % der Befragten bestimmte Zutaten in Lebensmitteln in ihrer Ernährung vermeiden wollen. Fehlende personalisierte Ernährungsempfehlungen und nicht verfügbare Hilfsmittel für die Ernährungsplanung im Alltag nennen sie als Gründe dafür, dass sie dies dennoch nicht tun. Auch Lebensmittelunverträglichkeiten sind keine Seltenheit mehr; so wird es für Verbraucher immer schwieriger, im Supermarkt den Durchblick zu behalten, in welchem Produkt welche Inhaltsstoffe und potenziellen Allergene enthalten sind.
- Produktinformationen über Nachhaltigkeit und Fairness: Laut einer Umfrage von forsa im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) ist es bspw. für 90 % der Befragten „sehr“ bzw. „eher schwer erkennbar“, ob Lebensmittelproduzenten einen fairen Preis für ihre Arbeit und ihre Ware bekommen haben. Dasselbe gilt für die Einhaltung hoher Umweltschutzstandards (für 87 % der Befragten nicht nachvollziehbar).
- Das günstigste Produkt finden: Die o.g. Umfrage von forsa fand außerdem heraus, dass 33 % der deutschen Verbraucher in Zukunft bei Lebensmitteln sparen wollen; der europäische Durchschnitt liegt sogar bei 37 %. Und das am liebsten auch bei gesunden, nachhaltigen und regionalen Lebensmitteln (25 %). Es ist ihnen also wichtig, günstige Lebensmittel zu finden. Doch Verbraucher wollen nicht nur billig einkaufen, sondern beim Shoppen auch noch wenig Zeit verschwenden. Das geht aus einer Studie des Marktforschungsunternehmens Nielsen hervor.
- Schneller Einkauf: Daher ist es für Konsumenten besonders von Vorteil, schnell Aufschluss darüber zu bekommen, wo welche Produkte aktuell im Handel vorrätig sind. 59 Prozent der Verbraucher kaufen am liebsten dort ein, wo sie ihren Einkauf schnell erledigen können und nicht nicht viele verschiedene Geschäfte ansteuern müssen, so die Studie von Nielsen.
Laut der DLG-Studie sind mobile Apps für den LEH, mit denen Verbraucher einkaufen und ihr Einkaufserlebnis personalisieren können, für viele Verbraucher interessant (48 %). Besonders spannend seien App-Funktionen, die anzeigen, wo genau sich ein Produkt befindet und wie man dort am schnellsten hinkommt. Apps, mit denen zusätzliche Informationen zu Produkten im Geschäft angezeigt werden können (z. B. Informationen zu Herkunft, Nährwert, Allergenen, Produktrezepten), werden ebenfalls als hilfreich angesehen.
Deutschlands Vorreiter: CodeCheck
Der absolute Vorreiter in Deutschland ist
CodeCheck. Das 2010 in Zürich in der Schweiz gegründete Unternehmen mit Sitz in Berlin hat eine Produktscanner-App entwickelt, mit der der Verbraucher vor Ort im LEH alle wichtigen Informationen über Inhaltsstoffe eines Produkts (Lebensmittel oder Kosmetika) erhält. Die App richtet sich daher an Verbraucher, die aus gesundheitlichen (Unverträglichkeiten oder Allergien) oder moralischen Gründen bestimmten Inhaltsstoffe nicht konsumieren möchten.
Zu den Investoren in CodeCheck gehören der Schweizer Technologiefonds, Polytech Ecosystem Ventures, Steinbeck Holding AG, MGO Digital Ventures und die Doodle-Gründer Myke Naf und Paul Sevinc.
„Immer mehr Konsumenten wünschen sich eine
volle Transparenz in Bezug auf die von ihnen benutzten Produkte. Sie wollen wissen, woher die Inhaltsstoffe kommen, wie sie sich auf die Umwelt und ihre Gesundheit auswirken“, so Boris Manhart, CEO und Co-Founder von Codecheck.
Handy raus, App auf und Barcode scannen: nach einem kurzen Check gibt die App einen Überblick darüber, ob das Lebensmittel vegan ist, ob Laktose oder Gluten enthalten sind sowie welche Nährstoffe es beinhaltet. Eine Nährwertampel zeigt außerdem an, wie gesund das gescannte Produkt ist – beispielsweise bezogen auf den Zucker- oder Fettgehalt. Auch kann man die App personalisieren, sodass man in seinem Profil eine persönliche Ernährungsweise oder Allergien hinterlegt und somit direkt nach dem Scannen angezeigt bekommt, ob man das Produkt bedenkenlos konsumieren kann; sollte dies nicht der Fall sein, werden Vorschläge für Alternativen geliefert.
Organisationen wie Greenpeace, BUND, Ökotest, WWF, Food Standard Agency, Verbraucher Initiative e.V., Stiftung für Konsumentenschutz, Natürlich Leben oder Vier Pfoten fungieren hier als Experten, die viele Produkte in der App bewerten.
Derzeit wird die App international von mehr als 4,5 Millionen Nutzern verwendet.
Seit 2020 wurde in der App zusammen mit dem Eaternity-Institut das neue Feature Klima-Score entwickelt, mit dem man sich in der App den CO2-Fußabdruck von Lebensmitteln aus dem Supermarkt anzeigen lassen kann.
Wiener Impact-Start-up zur Konsum-Transparenz sichert sich Investments
Besonders im Hinblick auf die negativen Folgen der Klima- und Biodiversitätskrise für unseren Planeten wollen immer mehr Verbraucher ihr Konsumverhalten ändern. Hier setzt das Impact Start-up
Inoqo an. 2020 gegründet hilft die App Nutzern, die Umweltauswirkungen ihres Einkaufs zu bewerten. Wie hoch ist der CO2-Fußabdruck? Enthalten die Produkte umweltschädliche Inhaltsstoffe?
Beispielsweise können Benutzer ihre eigenen Prioritäten im Vorfeld definieren und erfahren dann, ob ihr Kaufverhalten diesen entspricht. Darüber hinaus wird das Kaufverhalten analysiert und den Verbrauchern die tatsächliche Wirkung gezeigt, die sie mit ihrem Einkauf erzielt haben.
Auch hier wurde bereits fleißig investiert: 2020 sichert sich Inoqo ein
sechsstelliges Pre-Seed-Investment sowie eine im sechsstelligen Bereich liegende Förderung der aws und FFG.
Anfang April 2021 kam dann
die nächste Finanzierung: weitere 2 Millionen Euro aus Förderungen und von Business Angels. Eingestiegen sind unter anderem die Runtastic Co-Founder Christian Kaar und Alfred Luger, ex-Raiffeisen International CFO Martin Grüll sowie Biogena-Gründer Albert Schmidbauer.
Start-ups aus NRW, die Transparenz schaffen
Auch einige Start-ups aus unserer Community in NRW haben Apps entwickelt, die es dem Verbraucher erleichtern, Transparenz über Produkte im LEH zu erlangen.
Wir stellen sie euch vor:
Fair Friend
Mit der App „EinkaufsCHECK“ von
Fair Friend aus Düsseldorf erhalten Verbraucher umfangreiche wissenschaftliche Informationen zu Produkten (Lebensmittel, Kosmetik und Haushaltsprodukte) und deren Inhaltsstoffe. Denn Lebensmittel sind mittlerweile oft stark verarbeitet und enthalten Inhaltsstoffe, die für viele Menschen schlecht verträglich sind. In der App können nach Inhaltsstoffen, Nährwerten, Allergenen, Labels und religiösen Speisevorschriften gefiltert werden.
2017 gegründet, stellt das Start-up in der App außerdem eine personalisierte Lebensmittelampel zur Verfügung, die Nutzern dabei hilft, für sie gesunde Lebensmittel zu erkennen und sich auf diese Weise gesund zu ernähren.
Nach dem Einrichten des Profils zeigt dir die Lebensmittelampel, welche Lebensmittel zu der Ernährung des Nutzers passen und welche nicht.
Die Ampel beurteilt Kalorien, Fett, gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydrate, Zucker und Salz und erkennt damit, ob ein Lebensmittel für den Nutzer und seinen Bedarf viel oder wenig von einem Nährstoff beinhaltet.
Außerdem kann man mit der App Preise einzelner Produkte vergleichen.
Fair Friend lizenziert die eigene Produkt- und Inhaltsstoff-Datenbank zudem an andere Unternehmen, die ihre Produkte (z.B. Online-Ernährungskurse) auf den hochqualitativen Produktdaten von Fair Friend aufbauen.
codedfood
codedfood aus Duisburg hat sich auf Nahrungsunverträglichkeiten in Gerichten in der Gastronomie spezialisiert. Die gleichnamige App „codedfood“ filtert die Speisekarten teilnehmender Restaurants anhand von den verschiedensten Nahrungsmittelunverträglichkeiten, sodass jeder Nutzer ein individuelles Speiseangebot erhält. Dazu muss in der App lediglich ein Profil eingerichtet werden, in denen man seine Lebensmittelunverträglichkeiten, oder die Lebensmittel, die man aus anderen Gründen nicht konsumieren möchte, angibt.
Derzeit umfasst die App 14 auszeichnungspflichtige Allergene:
Eier, Erdnüsse, Fisch, glutenhaltiges Getreide, Krebstiere, Lupinen, Milch (Laktose, Milcheiweiß), Schalenfrüchte, Schwefeldioxid - Sulfite, Sellerie, Senf, Sesam, Sojabohnen und Weichtiere.
Dem Verbraucher werden automatisch alle Restaurants angezeigt, die Gerichte anbieten, die basierend auf den im Profil hinterlegten Angaben für ihn geeignet sind.
Von diesen Restaurants kann man sich im nächsten Schritt die Gerichte und mit einem Klick die darin enthaltenen Allergene in Wort und Schrift anzeigen lassen. Unter der Rubrik „Meine Gerichte“ werden sofort alle Gerichte rausgefiltert, die der Verbraucher problemlos verträgt.
Restaurants, die teilnehmen wollen, müssen lediglich ihre Speisekarte hochladen und die darin enthaltenen Allergene angeben.
Ewiyo
In Hückelhoven im Kreis Heinsberg wurde 2020 die Ewiyo App entwickelt. Das Start-up
Ewiyo möchte mit seiner App das „Einkaufen und Kochen in das 21. Jahrhundert führen“ und Menschen mit bestimmten Ernährungsformen unterstützen.
Mit der App sollten Benutzer einen ganzheitlichen Überblick über einen transparenten Preisvergleich von Produkten im LEH bekommen. Mit der App können Konsumenten ihre Einkäufe nach Einstellungen wie niedrigster Gesamtpreis, niedrigster Einzelpreis und kürzeste Entfernung zum Zielort filtern – und erhalten zusätzlich Rezepte, die durch die auf ihrem Profil hinterlegten Daten auf sie zugeschnitten sind.
Insgesamt verfügt die App über die verschiedensten Features, die den Konsumenten beim Einkaufen von Lebensmitteln und Kochen von leckeren Rezepten unter die Arme greift, unter anderem:
- Reminder: Im Ewiyo Reminder können Verbraucher ihren digitalen Einkaufszettel eintragen; so gehören vergessene Lebensmittel und Einkaufsbeutel der Vergangenheit an.
- Family and Friends: Mit Family & Friends eine gemeinsame Einkaufsliste mit Freunden oder Familie erstellen und untereinander teilen.
- Safety Cook: Allergisch gegen bestimmte Lebensmittel? Diese Funktion in der App zeigt nur Rezepte ohne diese Lebensmittel an, oder informiert über darin enthaltene Inhaltsstoffe.
- Swipe and Eat: In diesem Feature zeigt die App ausschließlich Rezepte und Angebote an, welche für die Ernährungsform des Verbrauchers relevant sind.
In Zukunft sind noch weitere Features geplant: So sollen Nutzer bei Rückrufaktionen von Produkten in ihrer Nähe automatisch benachrichtigt werden, der automatische Preisvergleich für ganze Einkaufslisten und die Anbindung von unabhängigen Supermärkten.
Baoo
Das Start-up
BAOO aus Köln hat die baoo.App entwickelt, mit der man ein bestimmtes Produkt, das man kaufen möchte suchen kann und in Sekundenschnelle den nächsten Händler, der dieses Produkt auf Lager hat, angezeigt bekommt.
In der App einfach das gewünschte Produkt eingeben und schon bekommt man eine Übersicht über alle lokalen Geschäfte in der Nähe, die das gesuchte Produkt anbieten.
BAOO wurde im März dieses Jahres darüber hinaus der Wissenschaftspreis 2021 der EHI Stiftung und GS1 Germany in der Kategorie „Bestes Start-up“ verliehen. Auch Tina Müller, CEO von Douglas ist überzeugt von baoo und hielt am Abend der Preisverleihung eine Laudatio: „die praktische Online-Suche mit der App in regionalen Geschäften ist nachhaltig, effizient und schnell. Wer möchte schon Google bemühen, wenn ich meine Produkte direkt in der Nachbarschaft vorfinde.“
Austausch schafft Ideen: Diskutiert mit beim Ideenfutter Stammtisch 19.5.21
Übrigens: Am 19. Mai findet unser erster Ideenfutter Stammtisch statt. Dieses monatliche Format soll lockeren Austausch zu Trendthemen ermöglichen und die Vielfalt der Ideen hier in NRW erlebbar machen. Den Start machen wir mit einem Ideenfutter Stammtisch rund um das Thema Verbraucher-Apps & Transparenz.
Wir freuen uns auf René Bilda von Ewiyo, Mirco Alexander Meyer von BAOO und Jens Jetzki von Fair Friend als Impulsgeber. Sie werden uns mit einem jeweils kurzen 5-minütigen Impuls ins Thema bringen. Anschließend werden wir in lockeren Kleingruppen weiterplaudern - das virtuelle Tool Wonder macht's möglich!