In unserem
Übersichtsartikel zu Retail Technology haben wir bereits angesprochen, dass automatisiertes Einkaufen und Self-Scan Technologien immer populärer werden: Supermärkte mit Self-Check-Out, die 7 Tage die Woche, rund um die Uhr geöffnet haben, sind besonders in den USA und China keine Seltenheit mehr.
Jetzt zieht Deutschland nach: diesen Monat hat Handelsriese
tegut in Fulda einen automatisierten Supermarkt eröffnet – mit der Software des Bonner IT-Start-ups
Snabble. In Düsseldorf öffnete ebenfalls diesen Monat der vollautomatisierte „
TYPY“ Supermarkt der Campo Gruppe seine Tore.
Sonntagabend fehlt noch eine Zutat fürs Abendessen? Kein Problem! Schnell zum automatisierten Supermarkt, mit dem Smartphone die Tür geöffnet, Zutat geschnappt, per App oder EC-/Kreditkarte am Self-Check-Out bezahlt und den Laden wieder verlassen. So schnell kann es gehen.
Die USA macht es vor: Amazon Go
Amazon Go ist ein kompletter Supermarkt ohne Kassen, der seit 2018 für Kunden geöffnet ist. Der Store erlaubt es dem Kunden mit seinen Einkäufen einfach das Geschäft zu verlassen, ohne an der Kasse anstehen und dort bezahlen zu müssen. Kunden müssen lediglich die „Amazon-Go“-App muss auf das Smartphone herunterladen und dieses an eine Schranke am Eingang halten. Diese öffnet sich nach Registrierung und schon kann das autonome Einkaufen losgehen.
Mithilfe von Kameras und anderen Sensoren wie Waagen in den Regalböden wer
wird registriert, welche Artikel welcher Käufer aus dem Regal holt und einpackt; explizit in eine Kamera gehalten werden müssen die Artikel dabei nicht. Anders als bei anderen automatisierten Supermärkten muss man hier nicht einmal die Artikel scannen und am Self-Check-Out bezahlen. Abgebucht wird der Einkaufsbetrag, der von den Kameras und Sensoren erfassten Artikel im Anschluss vom Amazon-Konto des Kunden. Nach dem Einkauf noch mit dem Smartphone an der Schranke auschecken und ganz einfach ohne Wartezeiten den Laden verlassen.
Die Amazon Go Shops haben zwar keine Kassierer, doch trotzdem diverse Mitarbeiter, die die Regale befüllen, Salate zubereiten, Kunden begrüßen oder ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Smart und High-Tech in China
Hier wird Retail Technology getreu dem Motto „Wenn schon, denn schon“ eingesetzt. Läden ohne Verkaufspersonal, mit erneuerbaren Energien betriebene Fahrzeuge, bargeld- und kontaktloses Bezahlen und Lebensmittel-Lieferdienste sind hier nichts neues mehr. Doch wie wäre es denn mit einem hybriden Supermarkt, der all das verbindet und noch viel mehr kann?
Der „Moby Mart“ ist ein Mini-Supermarkt auf Rollen.
Das Start-up „Moby Mart“ aus Schweden ging in puncto automatisiertes Einkaufen noch einen Schritt weiter und hat zusammen mit dem schwedischen Unternehmen Näraffär und der Uni Hefei in Shanghai einen kassenlosen Supermarkt auf Rollen entwickelt. Derzeit bleibt dieser hauptsächlich an einer Stelle stehen, doch er ist tatsächlich über eine Fernbedienung beweglich.
Ziel ist es, den Mini-Supermarkt per App rund um die Uhr zum nächstgelegenen Parkplatz rufen, mit der App die Türen öffnen und sich dann vor Ort an den Lebensmitteln bedienen.
Diese werden ebenfalls über die App eingescannt und auch bezahlt, alles ganz ohne Verkaufspersonal. Betrieben wird der autonome Laden mit erneuerbaren Energien, die vom Solarpanellen auf seinem Dach kommen. Was es so noch nicht gibt: der Moby Mart reinigt ganz nebenbei durch einen im Bodenbereich eingebauten Filter beim Fahren und Stehen noch die Umgebungsluft.
Aufgrund der Gesetzgebung darf der Moby Mart auf den Straßen Chinas noch nicht autonom fahren. Doch sobald die Gesetzgebung geändert ist, könnte er losrollen.
Natürlich mit von der Partie: Alibaba
Alibaba hat 2018 ein
neues Einzelhandelskonzept erschaffen, das online und offline verbindet. Freshippo – ein Supermarkt, der ohne Kassenpersonal auskommt und automatisiertes Einkaufen ermöglicht. Eröffnet wurden in 21 chinesischen Städten bereits mehr als 160 Freshippo Filialen. Jeder Artikel kann mit dem Smartphone gescannt werden, um darüber nähere Infos zu bekommen. Wer wiederkommt, erhält neue Kauf-Empfehlungen aufgrund der Info- und Kaufhistorie, die natürlich im Smartphone abgespeichert wird.
Die gewünschten Artikel werden am Self-Check Out eingescannt und über die Alibaba eigene „Alipay“-App bezahlt. Kunden, die im Umkreis von drei Kilometern eines Freshippos wohnen, können ihre Einkäufe bestellen und kriegen sie innerhalb von 30 Minuten geliefert. Mitarbeiter der Filialen laufen dazu durch den Shop und kommissionieren die Einkäufe, die dann ausgeliefert werden.
Und auch Alibabas größter Konkurrent, das chinesische Internetunternehmen JD.com, hat eine
neue Supermarktkette namens 7fresh gegründet, der Top Player unter den Supermärkten auf dem chinesischen Markt werden soll und mit Amazon Go und Alibaba konkurrieren will.
Der Supermarkt nutzt „Big Data Analysen“, um das Produktsortiment den Bedürfnissen seiner Kundschaft anzupassen. Auch die gläsernen Monitore, sogenannte "Magic Mirrors", die beispielsweise über den Obst- und Gemüseständen hängen, zeigen Zusatzinformationen zu Herkunft oder Nährstoffgehalt der Produkte an, sobald man sie aus dem Stand entnimmt.
Intelligente Einkaufswagen sind die Kirsche auf der Sahne: sie folgen dem Kunden autonom durch den Supermarkt und ermöglichen daher freihändiges Einkaufen. Die Regale sind mit digitalen Preisschildern ausgestattet, die im Handumdrehen Preise anpassen können.
Bezahlt wird selbstverständlich durch die mobile App oder weitere digitale Zahlungstechnologien.
Sogar Aldi ist in China mit Scan&Go - sowie mobile Pay-Technologien ausgestattet.
2019 hat
Aldi in China die ersten Filialen geöffnet. Anders als beispielsweise in Deutschland, kann hier automatisiert eingekauft werden. Das moderne Filialdesign ist auf die Bedürfnisse der technikaffinen Gesellschaft abgestimmt, denn in China werden hauptsächlich Online-Zahlungsdienste genutzt. Dies ist nun auch bei Aldi möglich. Während des Einkaufs müssen Kunden die Barcodes der gewünschten Produkte mit dem Smartphone scannen, am Ausgang mit ihnen auschecken und natürlich ebenfalls per Smartphone zahlen. Lieferdienste à la Freshippo gibt es natürlich auch: Kunden im Radius von 3 Kilometer Entfernung kriegen ihre Einkäufe nach Hause geliefert.
Und daheim in Deutschland?
Schon im August 2019 hat das Stuttgarter Start-up smark ein durch Automaten betriebenes
Lebensmittelgeschäft im Herzen Stuttgarts eröffnet. Betreiber war der Lebensmittelhändler real. In diesem Supermarkt „Emmas Enkel“ konnten Kunden rund um die Uhr, sieben Tage die Woche einkaufen. Rund 500 Produkte, darunter Backwaren, Obst und Gemüse, Getränke, Frischeprodukte und Hygieneartikel, fanden dort ihren Platz.
Bestellt werden konnten die Artikel schnell und einfach am Bestell-Terminal vor Ort oder vorab per App. Der Kunde erhielt einen Beleg, und musste den darauf befindlichen QR-Code dann am Ausgabeautomaten scannen. Die Warenausgabe erfolgte automatisiert: Die Produkte wurden von der Einkaufsstation in Windeseile zusammengestellt und konnten dann mitgenommen oder abgeholt werden. Nach der Übernahme von real durch Kaufland wurde diese Testfiliale geschlossen.
Neu in Düsseldorf
Der „TYPY“ Supermarkt der Campo Gruppe ist ebenfalls ein
volllautomatisiertes 24/7 Lebensmittelgeschäft bei dem die gewünschten Produkte per App oder vor Ort am Bestell-Terminal bestellt und dann am Ausgabebereich abgeholt werden können. Standort ist der Düsseldorfer Medienhafen.
Einkaufen am Verkaufsautomaten im Container-Store
Hensing hat mit „Herr Anton“ einen Verkaufsautomaten-Shop in Deutschland, genauer in Emsdetten im Münsterland, geschaffen. Der Automatenshop befindet sich in einem 17 Meter langen Container.
In diesem können 24 Stunden, 7 Tage die Woche die Knöpfchen der 6 Verkaufsautomaten gedrückt werden: Frisches Obst und Gemüse, Eier oder Fleisch, haltbare Lebensmittel, Getränke und Non-Food Artikel; insgesamt 191 Artikel stehen den Kunden rund um die Uhr zur Verfügung. Bezahlt wird am Automaten durch verschiedene, wählbare Optionen: Münzeinwurf, Banknoteneinleser, EC- und Kreditkartenmodus sowie kontaktloses Zahlen. Dementsprechend kommt das Lädchen ohne Verkaufspersonal aus.
Bonner Tech Start-up Snabble stattet tegut… mit Scan&Go-Software zum automatisierten Einkaufen aus
Seit September testet nun der Handelsriese Tegut den ersten Supermarkt ohne Verkäufer in Innenstadt von Fulda. Dort steht nun ein automatisierter Mini-Supermarkt unter dem Namen „tegut…teo“. Der Markt ist 50qm groß, täglich 24 Stunden geöffnet und bietet knapp 950 unterschiedliche Artikel des täglichen Bedarfs zum Kauf an. Er besteht zu 95 % aus Holz und verfügt über ein Gründach. Langfristig
plant das Unternehmen mehr als 300 Standorte des Kleinflächenmarktes.
Zugang erhalten die Kunden über einen QR-Code in der tegut…teo App oder per EC- oder Kreditkarte. Der Kassenbereich und die Preisschilder sind komplett automatisiert. Preisschilder sind elektronisch und passen sich digital Preisveränderungen an.
Kassierer gibt es nicht, nur eine Hand voll Personal, das die Regale nachfüllt und Kundenservice bieten. Aufgrund dieser niedrigen Kosten können solche Art Läden an Standorten geöffnet werden, wo es sich bisher nicht gelohnt hat.
Für den Self-Check-Out im Kassenbereich oder in der App kommt die Scan&Go-Software vom Bonner IT-Start-up Snabble zum Einsatz, welches bereits Filialen von IKEA und dm mit ihrer Technologie ausgestattet hat. Die Software bietet ebenfalls Funktionen wie Altersverifikation, Warenausgabe durch Automaten und auch Unterstützung für Pfandsysteme und Wiegeware an.
Aufgrund der rasanten technischen Entwicklung und des zunehmend populärer werdenden Onlinehandels ist das automatisierte Einkaufen nur der nächste logische Schritt, um Tante-Emma-Lädchen, Geschäfte und auch Supermärkte am Leben zu halten. Rein und raus, ohne Kassenschlangen und Warten – wir sind gespannt, wie sich das automatisierte Einkaufen entwickelt.
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