Wir freuen uns, mit der Metzgerei Esser ein neues Mitglied in unserem Netzwerk willkommen zu heißen! Das Unternehmen zeigt eindrucksvoll, wie nachhaltige Lebensmittelproduktion und enge Kooperation mit Landwirten zu einer zukunftsfähigen Ernährungswirtschaft beitragen können. In diesem Interview mit dem Geschäftsführer Max Esser-Geneschen erfährst du mehr über die Herausforderungen und Innovationen, die Metzgerei Esser in der Branche vorantreibt.
Dieser Artikel erschien zuerst auf der Website von ZENIT.
Wofür steht die Metzgerei Esser?
Wir haben in den 1980er Jahren als kleine Metzgerei angefangen, die sich von einem traditionellen Handwerksbetrieb zu einem modernen Nachhaltigkeitsunternehmen mit nationaler Reichweite und 23 Fachgeschäften und Hofläden entwickelt hat. Aber die Grundphilosophie blieb stets dieselbe: Qualität statt Quantität. Wir legen besonderen Wert auf handwerkliche Qualität, Nachhaltigkeit und Regionalität.
Welchen Stellenwert hat das Thema Nachhaltigkeit?
Nachhaltigkeit ist ein zentraler Pfeiler unserer Unternehmensstrategie. Wir setzen uns aktiv dafür ein, die ökologischen Auswirkungen unserer Produktion zu minimieren und gleichzeitig soziale Verantwortung zu übernehmen. Zu den Maßnahmen, die in diesem Bereich umgesetzt wurden, gehören die regionale Beschaffung, eine energieeffiziente Produktion und die Reduktion von Lebensmittelabfällen.
Wie viele dicke Bretter musst du bei den regionalen Landwirten bohren?
Die Landwirte sind viel progressiver und experimentierfreudiger als viele denken und brauchen eigentlich nur eines: Verlässlichkeit und gute Partner. Beides bieten wir ihnen. Wir haben ein faires Tierwohllabel mitentwickelt und arbeiten regional mit zertifizierten Bauernhöfen zusammen, die diesen Ansatz mit uns teilen und nachhaltige Landwirtschaftspraktiken anwenden. Das betrifft Bereiche wie Haltung und Fütterung (Freiflächen, gentechnikfreies Futter, Verzicht auf Antibiotika), Transport (kurze Transportwege, Schulungen für Transporteure) und eine Schlachtung mit Respekt, um den Stressfaktor so klein wie möglich zu halten.
Die dicken Bretter muss man nicht bei den Landwirten bohren, sondern bei den Behörden und staatlichen Institutionen. Wer richtige Nachhaltigkeitsveränderungen in Deutschland anstrebt, was nicht nur die Einsparung von ein wenig Energie bedeutet, sondern eine ganze Wertschöpfungskette positiv verändern kann, der wird nicht gefördert, sondern sogar benachteiligt! Wir sammeln mittlerweile unfaire Beispiele von kommunalen Bauämtern, Fördermittel-Institutionen oder z.B. der Landwirtschaftskammer, die ein Tierwohlprojekt boykottiert, weil es noch einmal 30 Prozent mehr Platz als Bio bietet und dies nicht befürwortet werden kann. Und auch wenn wir einen Rechtsstaat haben, in dem uns die Legislative vor so einer unfairen Behandlung schützt, sind die Bearbeitungszyklen derart lang, dass diese Option für den Mittelstand nicht greift. Aber das darf uns nicht entmutigen, denn Nachhaltigkeit entlang der Wertschöpfungskette wird der Erfolgsfaktor der Zukunft sein.
Gibt es noch andere Ebenen der Partnerschaft?
Mit Hilfe einer Förderung des Landes NRW werden wir ein Smart-Store-Konzept für regionale Landwirte entwickeln und unterstützen diese damit bei der Entwicklung von Hofläden. Wir selbst haben in unzähligen Experimenten herausgefunden, was dabei wichtig ist. Außerdem experimentieren wir in zwei Forschungshöfen sowohl mit Themen rund um die Reduktion von C02 als auch mit sich stetig verbessernden Lebensumständen für Schweine.
Was bedeutet Nachhaltigkeit konkret bei dir im Betrieb?
Das gibt es natürlich die absoluten Basics wie energieeffiziente Produktion, Wärmerückgewinnungssysteme, Solaranlagen, recycelbare Materialien, präzise Produktionsplanung und innovative Technologien in der Lagerung und Verarbeitung. Überschüsse werden entweder im Kreisverlauf wiederverwendet oder gespendet – beispielsweise an lokale Tafeln. Aber das machen alle, die auch wirtschaftlich denken können und wir sollten aufhören, mit Selbstverständlichkeiten zu werben!
Nachhaltigkeit bedeutet für uns viel mehr, komplexere Themen anzugehen, an die sich kaum einer traut. Und das ist eigentlich bei allen Unternehmen, egal welcher Branche, gleich und möglich. Wir müssen die gesamte Wertschöpfungskette verändern; bei uns gehören dazu die Landwirtschaft und Tierhaltung. Bei anderen Firmen wäre das die Herkunft von Rohstoffen und wir hoffen, dass wir anderen Firmen zeigen, dass es möglich ist. Stahl, Beton, Plastik, Gummi, Bauteile: all das kann ich heute schon in „mehr nachhaltig“ kaufen und für die Beschaffung gibt es einen Weltmarkt.
Und natürlich versuchen wir, auch unsere Partner davon zu überzeugen, in Produktion, Fertigung und Vertrieb auf Nachhaltigkeit zu setzen und vor allem den ganzen Kreislauf mehr und mehr mit einzubeziehen, wir müssen wieder handwerklicher in Wertschöpfungskreisläufen denken und die Spezialisierung der letzten Jahre wieder etwas zurückfahren.
Welche Herausforderungen gibt es und wie sehen deine Zukunftspläne aus?
Die Fleischindustrie steht insgesamt vor großen Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf den Klimawandel und die öffentliche Kritik an der Massentierhaltung. Wir Handwerksmetzger sind gut aufgestellt, um diesen Herausforderungen zu begegnen und planen, das Tierwohl immer weiter zu steigern und gleichzeitig die Nachhaltigkeit in allen Bereichen der Produktion noch weiter zu verbessern. Ein zusätzlicher Fokus liegt auf dem Thema Digitalisierung. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz wollen wir die Effizienz steigern und vor allem Verbraucherinnen und Verbraucher durch noch transparentere Informationen über die Herkunft und Nachhaltigkeit unserer Produkte überzeugen.
Um Innovationen voranzutreiben ohne gleichzeitig ein hohes finanzielles Risiko einzugehen, arbeiten wir auch mit Fördermitteln. Darüber haben wir ZENIT kennengelernt und überlegen zusammen mit den Förderexperten zurzeit, für welche Entwicklungen welche Programme in Frage kommen. Die Mitgliedschaft im Netzwerk ZENIT könnte auch in der Kooperation mit anderen Food-Akteuren interessant sein.
Du fragst dich, welche Fördermittel für dich interessant sein könnten? Melde dich bei Adina Golombeck-Tauyatswala von ZENIT unter Adina.Tauyatswala@zenit.eu, oder telefonisch unter 0208 30004-55.
Wir vernetzen Akteure der Agrar- und Lebensmittelbranche vom Feld zum Regal, um gemeinsam zukunftsgerichtete Lösungen für die Branchen zu entwickeln.
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