Ob digitale Bodenanalysen, Proteine aus dem Fermenter oder KI-gesteuerte personalisierte Ernährung: technologische Lösungen stehen in der Diskussion um den Food System Change oft im Vordergrund. Welche Rolle haben dann die – im Verhältnis zu DeepTech Lösungen – einfacheren Produktinnovationen im Food System Change? Können inkrementelle Produktinnovationen auch die Welt retten, oder lautet die Devise "DeepTech or die"?
Rob Kronekker, Mit-Gründer des Müsliriegel-Start-up HAFERVOLL, das 2019 erfolgreich an die Krüger Gruppe verkauft wurde, ist davon überzeugt, dass diese Produktinnovationen weiterhin ein wichtiger Teil der Ernährungswende sind. In seiner Keynote auf der Ideenfutter Expo teilte er die Erfahrungen aus seiner Zeit mit HAFERVOLL und als strategischer Investor, der als Business Angel in einer Vielzahl von Food Start-ups beteiligt ist.
Weniger Zutaten für mehr Nachhaltigkeit
Die Motivation für HAFERVOLL war einfach: den Markt nachhaltig verändern. Mit einem gesunden Müsliriegel mit weniger Zutaten. Während herkömmliche Riegel aus der Industrie häufig aus zu vielen Zutaten bestehen, vor allem Zusatzstoffen, besteht der HAFERVOLL-Riegel aus nur sechs Zutaten. "Die Nachhaltigkeit fängt bei der Rezeptur an", sagt der Gründer. Womit unterscheidet sich der Hafervoll-Riegel also von anderen Müsliriegeln? Keine Rohstoffe, die nicht nachhaltig sind, beispielsweise Zusatzstoffe. Ihre Bio-Sojaflocken kommen nicht aus China, sondern aus Österreich, Kroatien und Ungarn, auch wenn sie dort das Doppelte kosten wie die billigeren Alternativen aus China. Rob und sein Partner haben sich aber bewusst gegen die günstigeren Zutaten entschieden, denn zum Food System Change gehört auch ein nachhaltiger Rohstoff-Einkauf. Außerdem werden die Riegel von HAFERVOLL im Gegensatz zu herkömmlichen Riegeln gebacken.
Ressourcen müssen geschont werden
Neben Inhaltsstoffen, gehört zu der Produktentwicklung auch das Thema nachhaltige Verpackung. Im Jahr der Gründung von HAFERVOLL war das Thema lange nicht so präsent wie heute. Dennoch nutzte das Start-up sehr lange Mono-Kunststoff, der zu 100% recycelt werden kann. Oft ist es für Start-ups allerdings schwierig bei der Verpackung von Anfang an nachhaltig zu sein. Viele junge Gründer:innen arbeiten mit Lohnhersteller:innen zusammen, die ihre eigenen Verpackungsmaschinen nutzen.
Oft ist es für junge Gründer:innen schwierig, Veränderungen in der Food Supply Chain mit ihren Produkten umzusetzen. Ist man am Anfang noch zu klein, gegenüber dem Lohnhersteller Bedingungen zu diktieren, so stellt schnelles Wachstum Start-ups vor neue Herausforderungen. Denn mit Wachstum einher geht oft eine höhere Komplexität im Sourcing. So müssen Zutaten dann aus verschiedenen Ländern beschafft werden müssen und das in großen Mengen. Auch in der Logistik ist es für Start-ups in den Anfängen häufig schwierig, gewisse Standards durchzukriegen und Ressourcen zu schonen. Hier gilt: eine Vision entwickeln, machen was möglich ist, und gezielt daran arbeiten, dass die Kette nachhaltiger und die Vision Wirklichkeit wird. Auch das Thema Food Waste sollten Start-ups auf dem Zettel haben. Rob und sein Start-up konnten damals zum Beispiel erreichen, dass Randstücke aus der Produktion nicht weggeworfen, sondern gespendet werden.
Konsumenten:innen mit breitem Angebot mitnehmen
Viele Verbraucher:innen wollen nachhaltige und faire Produkte, sind aber häufig nicht bereit, mehr zu zahlen. "Als Mission-getriebene Gründer:innen wollen immer so viel, aber dann muss es vom Verbraucher auch angenommen werden", erzählt Rob. Wir brauchen Veränderungen im Konsumverhalten der Menschen, damit mehr nachhaltige Produkte den Weg zum Endkunden finden. Auch wenn HAFERVOLL laut Rob viele Kunden:innen damit erreicht hat, über ihre Kaufentscheidung nachzudenken, sind auch heute nicht alle bereit, die höheren Preise zu zahlen. Und das obwohl ein HAFERVOLL-Riegel (65g für 1,99€) ein ganzes Frühstück ersetzt. Und nie vergessen, so der letzte Tipp von Rob: Es geht den meisten Konsument:innen nicht um die "Funktion" des Riegels oder seine Nachhaltigkeit, sondern in erster Linie um den Geschmack. Wenn der nicht stimmt, rettet auch keine Nachhaltigkeits-Mission die Verkaufszahlen.
Und wie merkt man dann, dass man alles richtig gemacht hat? "Wenn man von einem großen Konzern kopiert wird. Siehe Corny Haferkraft", schließt Rob mit einem Augenzwinkern seine Keynote.
Nach dem Vortag Rob ist vor allem eins klar – die Verbraucher:innen müssen innovative Produkte kaufen, dann können auch Müsliriegel zusammen mit anderen Produkt Start-ups die Welt retten. "Es braucht ein breites Angebot nachhaltiger Produkte, die besser sind als der Industriestandard. Mit vielen weitere Marktteilnehmer:innen, können wir gemeinsam viel verändern", appelliert der HAFERVOLL-Gründer.
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