Alle im Home-Office/ Home-Schooling, drei Mahlzeiten pro Tag: die Corona-Pandemie mit ihren überquellenden gelben Tonnen erinnert uns täglich daran, wie viel Verpackungen in einem Privathaushalt anfallen.
Ganz vorne dabei: Plastikverpackungen. Und da beginnt das Dilemma, denn Plastik ist ein zweischneidiges Schwert. Wir lieben es und wir hassen es. Zum einen ist Plastik ein wunderbares Material: es ist wandlungsfähig, leicht und verpackt unsere Lebensmittel sicher. Zum anderen sind die negativen Auswirkungen von Plastikmüll, der nicht richtig entsorgt werden, und die damit einhergehenden Schäden für Umwelt und Menschen, gut dokumentiert. Der pro-Kopf Verbrauch von Kunststoffverpackungen in Deutschland
stieg davon unbeeindruckt in den letzten Jahren weiter unablässig: 2018 waren es 39 kg. 2000 waren es noch 21,7 kg.
Wir brauchen intelligente Alternativen zu Plastik und Plastik, das recyclingfähig ist. Nicht zuletzt, weil die Politik Rahmenbedingungen setzt, um den Verpackungsmüll im allgemeinen und Plastik im besonderen zu reduzieren.
Mit einem Fingerschnipsen allerdings ist die Umstellung auf alternative Verpackungen nicht möglich, denn die ökologischen Zusammenhänge aller Verpackungen sind komplex. Auch wenn alternativ zu Kunststoff oft Papier, Holz, Blech und Glas benutzt werden könnten, so sind sie jedoch nicht immer ökologisch sinnvoll, zum Beispiel mit Blick auf den Energieverbrauch der Herstellung. „Nachhaltigere“ Verpackungen wie Papiertüten werden mit Chemikalien und großen Mengen Wasser hergestellt. So muss eine Papiertüte mindestens vier Mal benutzt werden, damit sie nachhaltiger ist als eine Plastiktüte.
Während in anderen CPG-Segmenten der Einsatz von Plastik voranschreitet, das aus 100 % Rezyklat besteht, ist dies in Lebensmittelverpackungen schwerer umzusetzen. Denn Plastik für Lebensmittelverpackungen muss natürlich ganz anderen Ansprüchen genügen, als z.B. von Waschmittel. Um entsprechendes Rezyklat zur Verfügung zu haben, müsste sich erstmal die Recyclingquote deutlich verbessern: aktuell werden
nur 17 % der Plastikabfälle in Deutschland wirklich wieder dem Wertstoffkreislauf zugeführt, 60 % werden verbrannt, der Rest wird aussortiert, da er zu verschmutzt oder nicht sortenrein ist.
Wo stehen wir also aktuell? Mit diesem Artikel wollen wir einige der aktuelle Lösungsansätze und Initiativen vorstellen. Plastikteile reduzieren
Auf nicht notwendige Plastikteile zu verzichten kann einen großen Unterschied machen und ist di einfachsten Methode der Plastikmüll-Reduktion.
Ein Beispiel gibt
REWE. Ab März wird der Lebensmitteleinzelhändler mit Hauptsitz in Köln bei allen 500-Gramm-Bechern Naturjoghurt und ab April bei allen 500-g Bechern Soja-Joghurt der Eigenmarken "ja!" und REWE Beste Wahl" auf den zusätzlichen Plastikdeckel verzichten. Damit will das Unternehmen jährlich mehr als 69 Tonnen Plastikmüll einsparen. Wer trotzdem für geöffnete Becher einen wiederverwendbaren Verschluss benötigt, kann sich stattdessen günstig bei REWE lebensmittelechte und spülmaschinenfeste Mehrwegdeckel aus Platin-Silikon kaufen.
Auch bei
Aldi ist die Reduktion von Plastik wichtiger Teil der Initiative Verpackungsreduktion. So wurde zB die Gorgonzola-Verpackung einem Redesign unterzogen, so dass 34 Tonnen Kunststoff pro Jahr eingespart werden. Der Verzicht auf einen Plastikdeckel auf Joghurt und Kaffeedrinks führte zu einer Einsparung von 290 Tonnen. Um das Verpackungsmaterial der Brottüten zu reduzieren und bietet Aldi Süd seit September am Backwarenregal ein
Mehrwegbeutel aus biologisch erzeugten Naturfasern für Brot an.
Plastikfreie VerpackungenRenommierte Marken wie
Smarties, FRoSTA und BALISTO haben nachhaltige Alternativen zu ihren Plastikverpackungen auf den Markt gebracht.
FRoStA entwickelte den ersten Papierbeutel für Tiefkühlkost – ohne Beschichtungen oder ähnliches. Das Papier wird mit einem rein physikalischen Verfahren behandelt, um das Lebensmittel auch im der Tiefkühlung zu schützen. Für andere Beutel wiederum nutzt FRoStA ein sortenreines Kunststoff-Material, welches sich daher recyceln lässt. Durch diese neue Art des Kunststoffbeutels konnte die Klimabilanz um 30% verbessert und den Materialverbrauch um 10 % zu reduziert werden! Das entspricht pro Jahr rund 700 t Verpackungsmaterial.
Smarties verkauft seine Produkte ab jetzt plastikfrei. Der dortige Umstieg auf Papierverpackungen aus verantwortungsvollem Anbau, die in die Altpapiertonne entsorgt werden können, spart jährlich mehr als 191 Tonnen Plastik. Bis 2025 sollen alle Verpackungen von Nestlé recyclingfähig oder wiederverwertbar sein, verspricht der Konzern.
BALISTO testet in einem Pilotprojekt in Hannover derzeit seine Honig-Mandel Schokoriegel in einer papierbasierten Verpackung. Die aus Spezialpapier entwickelte Verpackung besteht zu mehr als 90 % aus natürlichen Fasern und ist FSC® sowie PEFC(TM) zertifiziert.
Das Unternehmen
Landhaus Teigwaren Müller GmbH & Co.KG aus Wegberg in NRW hat eine Verpackung aus Gras entwickelt, die ist zu 100 % biologisch abbaubar ist. Die Rohstoffe stammen größtenteils von den eigenen Feldern und die Produktion wird aus eigenen Solaranlagen mit Grüner Energie gespeist.
Neue, nachhaltige Materialien
Außerdem ist es wichtig, neue Verpackungsmaterialien zu entwickeln, denn auch wenn oft Papier als Alternative benutzt wird, ist dieses bei einmaliger Verwendung nicht viel nachhaltiger als Plastik. Es müssen also neue Materialien her, gerne im Sinne der Kreislaufwirtschaft unter der Verwendung von Abfallstoffen aus der Lebensmittelproduktion.
So hat das Fraunhofer Institut für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie IWKS
bereits 2019 einen Polymergrundstoff aus Apfeltrester entwickelt, der sowohl biobasiert als auch biologisch abbaubar ist.
Auch immer mehr Start-ups setzen es sich zum Ziel, biologisch abbaubar und ökologisch sinnvolle Alternativen zu entwickeln, beispielsweise aus Materialien wie Meeresalgen
(Notpla, UK) oder Biertrester
(Outlander Materials, NL).
Der Sammelbegriff Bioplastik bezeichnet Kunststoffe aus nachwachsenden (biobasierten) Rohstoffen, darunter bspw. Hanf oder Maisstärke, wie auch biologisch abbaubare Kunststoffe. Die Verwendung von Bioplastik ist jedoch umstritten: so werden bei der Herstellung zwar keine fossilen Ressourcen verbraucht, die Erzeugung pflanzlicher Rohstoffe verbraucht jedoch Böden, Dünger und häufig Pestizide. Außerdem benötigt Bioplastik lange für die Verrottung.
Mehrwegsysteme
Mehrweg – ein System, dass sich schon seit vielen Jahren für Getränke bewährt. Doch auch für Lebensmittel sind Mehrwegsysteme eine nachhaltige Lösung. Schalen und Teller, in denen man beim Gastronomen sein Essen mitnehmen kann und diese dann zur Wiederverwendung zurück bringt. Start-ups wie
VYTAL, REBOWL und reCIRCLE haben sich dies zur Aufgabe gemacht. Neben dem Pfandsystem bei REBOWL und reCIRCLE, bei denen man dem Lokalpartner 5-10€ Pfand für die Schüssel dalässt, geht VYTAL einen anderen Weg. Hier muss kein Pfand für die Bowls bezahlt werden. Sie kann problemlos nach Hause mitgenommen werden, gibt man sie nicht innerhalb von 2 Wochen bei einem der insgesamt 600 Kooperationspartner von VYTAL zurück, wird ein Betrag von zehn Euro fällig.
Der Verbraucher freut sichIm „Plastikreport 2020“ von
Brandwatch gaben insgesamt 79% der Verbaucher an, Plastikmüll zu vermeiden. 66 Prozent bestätigten auf Plastiktüten zu verzichten, um Plastik zu reduzieren, bei Einweg-Kaffeebechern und Plastikstrohhalmen waren es je 61 %.
63 % der Befragten in der Umfrage nehmen auch Unternehmen stärker in die Pflicht. Sie stimmten der Aussage zu, Marken sollten mehr recyclebares Material bei ihren Verpackungen verwenden.
Ein weiteres spannendes Ergebnis in der Umfrage: Verbraucher würden, um Plastikmüll zu vermeiden, sogar wirtschaftliche Konsequenzen eingehen. So würden 70 % der deutschen Verbraucher mehr für ein Produkt bezahlen, das in einer alternativen Verpackung angeboten wird.
Die Studie „Nachhaltige Verpackungen“ der
Inverto GmbH befragte Verbraucher zur Relevanz und der zukünftigen Entwicklung nachhaltiger Verpackung. Hier gaben 50% der Befragten an, nachhaltige Verpackungen seien ein Nachhaltigkeitsthema mit (sehr) großer Bedeutung. 81% der Teilnehmer rechnen mit einem starken Anstieg des Bedarfs an nachhaltigen Verpackungen, 50% sind der Meinung, dass nachhaltige Verpackungen entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit ihres Unternehmens sind. Die Hälfte aller Befragten ist sich also darüber bewusst, dass nachhaltige Verpackungen Wettbewerbsvorteile für Unternehmen haben. Doch 95% sind sich auch sicher, die Umsetzung nachhaltiger Verpackungen zu Mehrkosten. Hier sind 53% der Befragten der Meinung, dass Konsumenten nicht bereit wären, die entstehenden Mehrkosten zu tragen; 46% nehmen an, dass die Mehrkosten teilweise übernommen werden würden. Zwischen den Annahmen und der tatsächlichen Bereitschaft liegen, wie man sieht, große Unterschiede.