Upcycling - Breakout Year 2024?

Auf der ISM in Köln, der weltweit größten Messe für Snacks und Süßwaren in Köln, waren in diesem Jahr neue technologische Lösungen wie veganer Speck aus Bananenschalen, Tee aus Melonenkernen, durchsichtige Kartoffelchips aus Kartoffelschalen und ein koffeinfreies Heiß-Getränk aus gerösteten Chicoréewurzeln prominent vertreten. Durch all diese Innovationen bleiben Lebensmittelreste im Kreislauf. Upcycling heißt das Stichwort. 

Upcycling Start-ups, wie auch Tech-Lösungen gegen Lebensmittelverschwendung, haben in den vergangenen Jahren viel positive Resonanz erfahren. Das zeigen auch die Investments in Motatos und KernTec  im zweistelligen Millionen-Bereich 2023. Wird 2024 nun das Breakout-Year für Food Waste Reduction? Circular Economy, Ressourceneffizienz und die Folgen des Klimawandels rücken näher in das Bewusstsein der Unternehmen und auch der Konsument:innen. Wir gehen davon aus, dass wir in diesem Jahr von mehr Investments im Bereich Upcycling hören werden. 

Doch was fällt überhaupt alles unter den Bereich Upcycling? Die US-amerikanische Upcycled Food Association definiert upcyclelte Lebensmittel als "products that use ingredients that otherwise would not have gone to human consumption, are procured and produced using verifiable supply chains and have a positive impact on the environment". Also Lebensmittel, die unter anderem aus Lebensmittelresten bestehen, die anderenfalls weggeworfen worden wären. So beschreibt auch die deutsche Verbraucherzentrale das Food-Upcycling. 

Auch einige Start-ups aus unserer Community arbeiten mit Produkten, die sonst als Abfall in der Tonne landen würden. Dazu gehören die Lebensmittel-, sowie die Agrarverwertung, aber auch Food-Tech Start-ups und Überschussbörsen, die die Reststoffe verwalten.

Reststoffe zur Lebensmittelverwertung

Be Bananas aus Düsseldorf produziert Bananenbrot aus Bananen, die wegen ästhetischer Mängel keinen Platz mehr im Handel finden. Besonders gut: sie produzieren nur auf Nachfrage, um die Lebensmittelverschwendung in der Wertschöpfungskette der Banane so gering wie möglich zu halten. Denn die Banane ist in Deutschland die am meisten von der Verschwendung betroffene Frucht. Bei ClimAid dreht es sich ebenfalls um eine Frucht, allerdings um den Apfel. Das Haaner Start-up nutzt Streuobst von Wiesen aus Baden-Württemberg und dem Bergischen Land für seine Getränke. Deswegen ist ihre Apfelschorle auch nur als limited Edition erhältlich. Akoua Juice rettet ebenfalls eine Frucht vor der Entsorgung, die vor allem für ihre Kerne bekannt ist: den Cashew-Apfel. Während seine Kerne häufig als Snack importiert werden, landen die wertvollen Cashew-Äpfel oft im Müll. Um diesem Foodwaste entgegenzusteuern, hat der Gründer Simon gemeinsam mit Partnern in Benin, Westafrika, ein Konzept entwickelt, um die Cashew-Äpfel noch vor Ort zu verarbeiten und sie dann als Endprodukt, als Saft, nach Deutschland zu importieren. Das Konzept des Start-ups TaoMao ist ähnlich: Die zwei Gründer Kai und Daniel bewahren die Kaffeekirsche, auch Cascara genannt, vor dem Weg in die Tonne. Cascara ist die Frucht, die die Kaffeebohne umhüllt. Da diese häufig nicht für die Lebensmittelproduktion weiterverwendet wird, was schade ist, da sie mit Koffein vollgepackt ist, nutzt TaoMao Kaffeekirschen aus Peru, um sie als Aufguss oder als Eistee zu vertreiben. Auch Cascaritas nutzt die Kaffeekirsche, um daraus Tees oder Eisstees herzustellen. Dann gibt es noch Keäksack, die aus Brot bzw. Brotresten Bier zaubern. Keäksack ist ein nachhaltiges und soziales Start-up, das auch überschüssigem Brot Bier braut. Auch die Bergische Gewürzmanufaktur arbeitet mit überproduziertem Brot. BRüSLi ist ein Knuspermüsli aus überproduziertem Roggen- oder Vollkornbrot. Bei etepetete erhaltet Ihr krummes Obst und Gemüse in Bio-Qualität, das nicht der Norm entspricht und deswegen in der Tonne landen würde.

Das Berner Start-up Luya verarbeitet Bio-Okara zu veganem Fleischersatz. Okara ist ein Überschuss-Lebensmittel, das während des Prozesses Sojabohnen in Sojamilch zu mahlen, entsteht. Okara wird mit Kichererbsen angereichert und mit einem asiatischen Edelschimmelpilz verfeinert. Ein weiteres Start-up aus der Schweiz nutzt Kichererbsen-Kochwasser, um daraus einen Ei-Ersatz herzustellen. Eggfield verwendet das Kochwasser von Hülsenfrüchten, das so genannte Aquafaba, da dieses reichhaltig an Eiweiss ist.

Reststoffe zur Agrarverwertung

Omnivore Recycling entwickelt mit dem Omnivore-Container eine Recycling-Anlage für industrielle Lebensmittelreste. Der Omnivore-Container wird auf dem Betriebsgelände von Lebensmittelunternehmen aufgestellt, sodass anfallende Lebensmittelreste direkt eingefüllt werden können. In dem Container wandeln Insektenlarven die Biomasse in hochwertige Proteine um, die als Tierfutter genutzt werden können. Varuta setzt auf die Schwarze Soldatenfliege und nutzt sie, um Bestandteile in Nutz- und Heimtierfutter durch alternative Proteine ersetzen zu können.

Überschussbörsen gegen Foodwaste

Unser Mitglied Leroma bringt im Rahmen seiner Überschussbörse für Rohstoffe beispielsweise zu stark gerösteten Kaffee in der Kosmetikindustrie unter. In der Überschussbörse können Unternehmen ihre Restbestände (übrig gebliebene Rohstoffe aus Entwicklungsprojekten, Fehlkäufe und Rohwaren kurz vor Ablauf des MHD) ganz einfach auf dem Markt anbieten, anstatt sie zu entsorgen. So funktioniert der B2B-Marktplatz als Börse für große Mengen an Rohwaren, die an andere Akteure der Lebensmittelindustrie oder alternative Industrie abgeben werden können. Leroma zeigt uns, dass das Thema Food Waste an Fahrt aufnimmt. So das das Start-up im vergangenen Jahr seine Website auch auf spanisch gelauncht, um den dortigen Markt zu bedienen. 

Weitere Tech Lösungen gegen Food Waste

Es gibt eine Vielzahl weiterer Lösungen, welche die Reduktion von Lebensmittelabfällen zum Ziel haben, auch wenn sie ohne Upcycling auskommen. Unser Mitglied foodforecast hat seine eigene KI entwickelt, mit der sie Verkaufsprognosen für Bäckereien, Gastronomie und den LEH erstellen. Auch FoodTracks nutzt digitale Lösungen, um Entscheidungsprozesse und Bestellungen von Bäckereien zu optimieren. Mit dem Berliner Start-up Freshflow, das ebenfalls KI nutzt, können Supermärkte jeden Tag die perfekte Menge an Frischwaren bestellen. Und über die Too Good To Go App können Konsumenten unverkaufte Lebensmittel aus verschiedenen Restaurants, Cafés oder Lebensmittelgeschäften retten. Das Besondere: Die Lebensmittel werden in Überraschungstüten gepackt, du weißt also vorher nicht, welche Lebensmittel du erhältst. 

Neue Regulatorik für Abfälle nötig

Voraussetzung für mehr Zirkularität in der Land- und Ernährungswirtschaft ist eine flexiblere Regulatorik zum Handling von Abfällen. Vieles, was aktuell als Abfall deklariert wird, sollte ganz einfach weiterhin als Lebensmittel bezeichnet werden, beispielsweise um als Tierfutter eingesetzt zu werden. Auch wenn hier umgangssprachlich von "Abfall" gesprochen wird, handelt es sich tatsächlich lediglich um Lebensmittel, die nicht mehr schön genug sind, um weiterverkauft zu werden. Wir sind also gespannt, welche Entwicklungen, neue Lösungen und Investments wir dieses Jahr noch sehen werden.

Geschrieben von

Leonie Kellers

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